von Schmetterling » So. 03.01.2016, 21:17
Nun, ich brauchte eine Zeit lang, um zu überlegen, wo ich denn mein Anliegen am besten positioniere, da ich mit mehreren Problemchen zu kämpfen habe. Ich denke, hier ist es am besten aufgehoben. Es ist gar nicht so einfach, einen Anfang zu finden aber ich fange jetzt einfach mal damit an. In dem Threadtitel habe ich mal vorsichtshalber das Wort TRIGGER mit einem Fragezeichen eingebaut, da einige Sachverhalte womöglich bei einigen etwas auslösen könnten. Vielleicht bin ich ich zu unerfahren , was die Thematik betrifft, aber bevor ich hier etwas bei jemanden auslöse, möchte ich die lesenden Personen lieber vorher warnen. Überlegt selbst, ob ihr es euch zumutet, den Text zu lesen oder nicht.
Ich war schon immer jemand, der ständig neue Herausforderungen im Leben suchte und meine eigenen Möglichkeiten, Fähigkeiten und Interessen so gut es geht und im Rahmen meiner Möglichkeiten eigenverantwortlich und selbstbestimmt auszuschöpfen. Ein scheinbar „normales“ Leben mit den von der Gesellschaft vorgegebenen Strukturen hat mich schon immer gelangweilt und neben den alltäglichen Pflichten (Schule, Uni, Arbeit) musste ich immer noch irgendwelche andere Dinge tun, um mich selbst glücklich zu machen. Mir wurde des Öfteren öfteren nachgesagt, dass ich kreativ sei und eine ausgeprägte Fantasie hätte. Gleichzeitig verwiesen die Menschen in meinem Umfeld aber oftmals auch darauf, dass ich hyperaktiv sei und mich und andere ablenken würde und Probleme damit hätte, anderen zuzuhören. Dies wurde mir von Ärzten niemals nachgewiesen (habe es aber auch nie testen lassen), aber es gab in der Kindheit als auch zu späteren Zeitpunkte Momente, in denen die Diagnose durchaus hätte zutreffen können.
Biographisch bin ich die erste Person in meiner Familie, die Abitur gemacht und studiert hat (vor zwei Jahren habe ich meinen Master mit 1,5 abgeschlossen). Ich hatte immer meine Probleme damit, mich in dem mir völlig fremden Bildungssystem zurechtzufinden. Weder mein später verstorbener Vater, noch meine Mutter konnten mir bei thematischen Fragen sonderlich weiterhelfen, da sie beide kein Abitur gemacht haben und mit einigen Fragestellungen, die ich an sie weitergab, überfordert waren. Ich bekam immer wieder den Eindruck, dass die Oberstufe nicht für mich gemacht ist bzw. dass ich nicht wirklich dazu gehöre. Die Oberstufe war ein Ort, an dem ich zum Teil einer fremden Sprache und (Verhaltens) kultur ausgesetzt gewesen war. Ich hinterfragte oftmals mein eigenes Handeln und vieles von dem, was ich tat, führte zunehmend zu eigenen Unsicherheiten. Dank der Hilfe einer guten Freundin, die mich stets auf neue motivierte, gelang mir ein erfolgreicher Abschluss.
Mit dem Beginn des Studiums traten erneut Unsicherheiten auf. Der gesamte Universiätskomplex erschien mir fremd. Wie schon in der Oberstufe präsentierte sich die Universität als ein Ort der fremden Sprache und Kultur, der mir das Gefühl vermittelte, dass der Ort nicht für mich gemacht sei bzw. dass ich nicht dazu gehöre. Ich tat mich damit schwer, wissenschaftliche Texte zu lesen und zu interpretieren. Wenn es in Seminaren zu Diskussionen kam und Standpunkte genannt wurden, die ich ähnlich vertreten hätte, kam in mir immer ein Gefühl aus, dass ich diese Gedankengänge zwar auch gehabt hätte, selbst aber nicht imstande gewesen wäre, diese in den richtigen Worten auszudrücken, weshalb ich mich in Diskussionen meistens zurück hielt. Auch Referate vorzubereiten und vor den Studierenden zu reden fiel mir schwer. Aufgrund der hohen Studiengebühren und der grundlegenden Finanzierung meines Studiums, welches ich mir durch Erbschaften von der verstorbenen Mutter meines Vaters und einer beruflichen Nebentätigkeit ermöglichte, geriet ich zwischendurch immer wieder in Versagensängste. Die Verschulung des Hochschulsystems und der damit einhergehende Leistungsdruck wirkten sich auch auf mein Handeln aus. Ich wollte und musste mein Studium in der Regelstudienzeit mit allen Mitteln durchziehen und konzentrierte mich darauf, sämtliche Prüfungsvorgaben auch einzuhalten. Dies hatte leider zur Folge, dass ich mich gar nicht richtig auf die Inhalte des Studiums konzentrieren konnte und viele Themen nur oberflächlich behandelt wurden, da eine Prüfungsleistung nach der anderen erfolgte und kaum Zeit blieb, sich tiefer mit der behandelnden Materie zu beschäftigen.Dennoch konnte ich (auch wieder dank Unterstützung eines Kommilitonen) erfolgreich meinen Bachelor als auch meinen Masterabschluss absolvieren. Das Studium als solches erfüllte jedoch auch nicht mein Leben, weshalb ich zusätzlich noch verschiedenen Aktivitäten nachging.
Anstatt mir nach dem Studium mal eine Pause oder Erholung zu gönnen, stürzte ich mich ins Berufsleben. Nicht unbedingt, weil ich es wollte, sondern weil ich Angst davor hatte und habe, mich nicht in einem „gesicherten Rahmen“ zu bewegen. Schule, Uni und Arbeit haben mir immer einen Rahmen und Ziele vorgegeben, damit ich mich nicht zu sehr mit anderen Dingen ablenke. Außerdem legte ich Wert darauf, dass ich eine finanzielle Existenzgrundlage hatte und habe und nicht von staatlichen Geldern abhängig bin. Es gab mir also Sicherheit. Die Arbeit als solche machte und macht mir im Grunde genommen Spaß, das Arbeitsklima ist an für sich gut, allerdings erhöht der Chef oftmals den Druck auf die Mitarbeitenden und lässt sich in vielen Dingen auf keine Diskussionen ein, wovon ich auch betroffen bin. Dies hat schon oftmals zu Frustrationsmomenten geführt, zumal ich vom Chef wenig bis gar keine Anerkennung für die von mir praktizierten Tätigkeiten erhielt. Auch wenn es mir selbst gar nicht aufgefallen ist, wurde mir von manchen bei der Arbeit nachgesagt, dass ich im Laufe der Zeit sehr negativ und pessimistisch über manche Dinge denken würde. Weiterhin macht sich auch hier das Gefühl in mir bemerkbar, dass ich mich und mein Leben nicht mit der Arbeit erfülle, weshalb ich mich wie auch schon zuvor zusätzlich noch weiteren Aktivitäten widmete. Im letzten Jahr verschickte ich einige Bewerbungen, um mich auf eine neue Stelle zu bewerben, allerdings ohne Erfolg. Für dieses Jahr habe ich mir zum Ziel genommen, weitere Bewerbungen zu verschicken.
Während des Studiums lernte ich eine Freundin (die selbst nicht studierte) kennen, die nicht ganz einfach war. Zuvor hatte ich keine Freundin. Zum Zeitpunkt, als ich sie kennen lernte, war sie kurz davor in eine Klinik zu kommen, da sie sich selbst verletzte. Außerdem war sie mir und anderen gegenüber sehr impulsiv, was im Laufe der Beziehung dazu führte, dass ich u.a. den Kontakt zu guten Freundinnen abbrach und den Kontakt zu Frauen während des Studiums gar nicht erst aufnahm (hierbei muss bedacht werden, dass 90% meiner Kommilitoninnen Frauen waren, d.h. ich habe an der Uni so gut wie keine sozialen Kontakte gehabt). Ich habe mich am Anfang der Beziehung viel mit dem Thema Borderline auseinandergesetzt und bin zu dem Schluss gekommen, dass meine Freundin mehrere Anzeichen hierfür aufzeigte. Ich versuchte ihr zu helfen und es gelang mir tatsächlich, dass diese sich nicht mehr selbst verletzte. Allerdings begann sie (auch aufgrund ihres sozialen Umfeldes) zu einem späteren Zeitpunkt damit, Drogen verschiedener Art einzunehmen. Sie ging exzessiv feiern und nahm dabei Speed und Ecstasy, außerdem fing sie damit an regelmäßig zu kiffen (täglich 5,6 Joints am Tag). Ich versuchte Verständnis für ihr Verhalten zu entwickeln. Da sie selbst ADHS hatte, versuchte ich mir einzugestehen, dass es ihr gut tun würde, zu kiffen (um runter zu fahren und auf den Boden zu kommen). Gleichzeitg war ich aber auch zusehends verärgert darüber, dass sie bereits bekifft zu Hause auf dem Sofa saß, wenn ich von der Arbeit nach Hause kam. Dies führte zu mehrmaligen, ergebnisoffenen Diskussionen. Aufgrund des verstärkten Drogenkonsums entwicktelte sich bei ihr eine Depression (vielleicht war diese auch schon vorher da und wurde nur noch verschärft), weshalb ihr Antidepressiva verschrieben wurden. Trotz der Verschreibung der Medikamente war meine Freundin nicht mehr in der Lage, geregelt arbeiten zu gehen und überfordert mit der Bewältigung alltäglicher Aufgaben. Sie entschied sich deshalb dazu, eine Kur zu machen. Ich untersützte sie dabei, indem ich für sie sämtliche Anträge, Motivationsschreiben etc. fertig stellte. Die Kur wurde Anfang des letzten Jahres genehmigt. Während dieser Kur, wo ich sie auch besuchte, ging es meiner Freundin ersichtlich besser. Auch nach der Kur schien eine Verbesserung einzutreten. Allerdings bestand meine Freundin darauf, weiter zu kiffen, was ich für kein gutes Gefühl hielt, weshalb es erneut mehrmals Streit zwischen uns gab. Ich bemerkte im Laufe der weiteren Monate, wie sie sich wieder zusehends in ihren alten Verhaltensmustern bewegte. Ich wies sie mehrmals darauf hin, dass sie sich vor Ort einen Psychologen suchen soll, wie es ihr in der Kur empfohlen wurde und suchte die Adressen für sie raus. Allerdings bemühte sie sich nur bedingt darum, einen Termin zu vereinbaren. Ich hatte den Eindruck, sie fühlte sich gezwungen und ich selbst kam mir immer mehr wie ein moralkeulenschwingender Lehrer vor. Ich war ratlos und am Ende meiner Kräfte angelangt (im Nachhinein behaupten viele meiner Bekannten, ich hätte während der Beziehung eine Art „Koabhängigkeit“ zu ihrem Verhalten entwickelt). Dies führte dazu, dass ich mich in den letzten Monaten unserer Beziehung auch nicht mehr viel um meine Freundin kümmerte und verstärkt meinen Interessen nachging (auch um mich selbst nicht zu gefährden) Nach einem intensiveren Streit zog meine Freundin dann den Schlussstrich und teilte mir im Herbst diesen Jahres mit, dass sie nicht mehr mit mir zusammen leben könne.
Für mich war zu diesem Zeitpunkt eine Welt zerstört. Immerhin waren wir sechseinhalb Jahre zusammen. Negativer Höhepunkt war dann noch zu erfahren, dass sie bereits eine neue Beziehung mit ihrem ehemals besten Freund anfing und mit diesem auch zusammen zog. In dieser Zeit lenkte ich mich viel mit Arbeit ab und ich traf mich mit Freunden, die mir an der Seite standen (darunter Menschen, mit denen ich länger nicht zu tun hatte und die trotzdem für mich da waren). Außerdem versuchte ich einige Lebensabschnitte biographisch und schriftlich aufzuarbeiten. Allerdings trank ich auch viel Alkohol und an einem Abend probierte ich mich an den ADHS Medikamenten meiner Ex Freundin aus (dies war im Übrigen Ausschlaggebend mich noch mal mit meiner eigenen möglichen ADHS Vergangenheit auseinanderzusetzen). Mit dem Umzug in eine neue Wohnung schien ich mich zunächst gefangen zu haben. Ich blühte innerlich auf, war viel mit Freunden unterwegs und auf verschiedenen Partys. Ich trank viel Alkohol, nahm aber zusätzlich auch einmal eine Ecstasyähnliche Tablette ein. Außerdem zog ich an einem Abend mehrmals an einem Joint. Der letzte Monat war also sehr exzessiv für meine Verhältnisse und gerade der ausgiebige Konsum (dem ich während meiner Beziehung abschwor) schien mich in ein Loch fallen zu lassen. Während meines Urlaubs zwischen Weihnachten und Silvester, in dem ich ebenfalls viel auf Partys war, entstanden Momente, in denen ich zu Hause war und plötzlich auf nichts mehr Lust hatte. Ich lag viele Stunden auf dem Sofa und dachte über mich und mein Leben nach. Ich stellte viele Dinge, die mir bis dahin noch attraktiv erschienen und zu meiner Lebensfreude beitrugen in Frage, außerdem fragte ich mich zusehends, welche Mitschuld ich am Ende der Beziehung tragen würde. Auch der Gedanke, dass zwischen meiner Ex Freundin und ihrem besten Freund schon länger etwas lief (es gab entsprechend Anzeichen) machten mich zusehends verrückt. Meine Unzufriedenheit über meine Arbeit und die Tatsache nichts neues zu finden, machte sich auch bemerkbar. Man könnte meinen, ich würde mein gesamte Leben in Frage stellen. Ich mied aufgrund dessen soziale Kontakte, zog mich zufück und verspürte zusehends eine innere Leere bzw. eine Art „Grauschleier“ der sich über mein Leben breit gemacht hatte. Zwischendurch gab es auch wieder mal positive Momente aber von einer auf der anderen Minute konnte es geschehen, dass sich meine Stimmung wieder ins negative verkehrte. Ich bekam Angst vor mir selbst, zumal ich mir Gedanken darüber machte, inwieweit es sich noch lohnen zu leben. Ich war auch nicht abgeneigt, mir Schlaftabletten oder ähnliches im Internet zu holen, erschrak daraufhin und ließ dann doch wieder davon ab.
Nun könnte man meinen, dass jeder Mensch nach einem Beziehungsende sich derartige Gedanken macht, allerdings habe ich ich in den letzen 2,3 Jahren mehrmals (oftmals aber nicht ausschließlich im Winter) solche Phasen gehabt, die zwischen 6 und 12 Wochen anhielten. Das letzte Mal, als ich mich in einer dieser Phasen befand, begann ich nach fast 10 Jahren den Tod meines Vaters aufzuarbeiten und besuchte erstmals sein Grab. Leider häufen sich diese Phasen mittlerweile bei mir. Oftmals dann, wenn ich bei der Arbeit viel Stress habe. Manchmal treten sie aber auch davon losgelöst auf. Das Beziehungsende hat nun eine intensivere und nachdenklichere Phase bei mir ausgelöst und allmählich frage ich mich, ob diese Phasen bzw. Stimmungsschwankungen (oftmals ist es so, dass es mir entweder super gut geht oder eben total schlecht, es gibt leider kein wirkliches Gleichgewicht) noch normal sind oder ob ich auf den Weg zu einer Depression und/ oder aufgrund der Belastungen der letzten Jahre zu einem arbeitsbedingten Burn Out bin. Vielleicht habt ihr ja schon ähnliche Erfahrungen hinsichtlich dieser Stimmungschankungen und in Hinblick auf die Verarbeitung von kritischen Lebenserfahrungen gemacht und könnt mir weiter helfen, wie ich am besten damit umgehen kann.