Charlotte hat geschrieben:Jetzt wollte ich mal fragen, welche Strategien ihr habt, um ein Gleichgewicht zwischen Kampf gegen die Depression und Achtsamkeit euren Bedürfnissen gegenüber zu finden. Und wie ihr die bei Familie und Freunden durchsetzt.
Hallo Charlotte,
da ich "selbst und ständig" lebe
, muss ich mich zumindest privat bei niemandem durchsetzen. Andererseits werde ich gerade von diesem Selbst-und-Ständig-Sein zum Kampf gegen die Depression gezwungen, früher mehr als heute, da ich mittlerweile nicht mehr depressiv bin, vllt nur noch zeitweise und ganz leicht.
Ich stelle mir immer wieder die Frage: was würde geschehen, wenn ich mich zb nicht weiterbilden würde? Nicht mehr Joggen würde? Den ganzen Urlaub im Bett liegen oder vor dem Laptop sitzen würde? Dann würde alles, was ich mir mit so viel Mühe aufgebaut hatte, den Bach runtergehen. Meine Arbeitsfähigkeit, mein Energiepegel würde langsam aber sicher zurückgehen, irgendwann würde ich meinen Job verlieren, später nach und nach mein Geld, meine ganzen Ersparnisse. Schließlich würde ich im wahrsten Sinne des Wortes auf den Hund kommen, vllt auf der Müllhalde landen oder, was kaum besser ist, um ALG2 betteln müssen. Ich habe immer das Bild vor meinen Augen, wie ein Beamter mich hämisch angrinst und sagt:
"Wie? Ein 40jähriger Versager will also von unserem Staat leben. Wie wäre es denn mit Kloputzen, oder ist das zu viel von Ihnen verlangt, Herr <...>? Gehen sie doch mal morgen zur Putzkolonne Nr x, dort kriegen sie einen Euro pro Stunde ausgezahlt. Das ist für solche Penner wie Sie mehr als genug. Wir haben hier genug andere Schmarotzer zu versorgen, ich habe jetzt keine Zeit und keine Lust mich um Sie zu kümmern."
Wenn dieses Bild vor meinem geistigen Auge steht, wirkt das auf mich wie die stärkste Medizin. Mich erniedrigen zu müssen und derart beleidigt, verspottet und ausgelacht zu werden - davor habe ich die allergrößte Angst. Diese Angst war der Motor für alle meine Handlungen, seit ich denken kann.
So könnte man sagen, dass meine Angst sich gegen meine Depression durchgesetzt und sie besiegt hat. Auch meine Bedürfnisse werden vordergründig von dieser Angst bestimmt, wie meine Geldliebe zb.