Texte und Geschichten.....

Eure Gedichte, Geschichten, Erzählungen und andere niedergeschriebene Texte finden hier ihren Platz.
Wichtig: Falls die Texte nicht von Euch selber sind, schreibt das bitte dazu und achtet auch darauf, dass Ihr keine Urheberrechte verletzt.

Beitragvon SehnSucht » Do. 15.02.2007, 11:51

die mit den steinen kenn ich, sie ist echt gut
und das lachen ist echt krass, aber ich verstehs

Da finde ich sollte das Herz stärker sein als der Verstand.....

:( erzähl das mal diesem kerl, aber vill war es nicht das richtige....
SehnSucht
 

Beitragvon Amon » Do. 15.02.2007, 12:24

Lachen:

Ja keiner schaut hinter die lachende Fassade. Keiner fragt wie es richtig geht.......Traurig.
Amon
 

Beitragvon Lingenia » Fr. 16.02.2007, 07:12

ich dachte eigentlich die Geschichte hier schon einmal gelesen zu habe,
aber finden kann ich sie nich /= ...
aber sie is auch schön genug um sie zweimal zu posten *find* ^^

Wahre Liebe verstehen

Es war einmal eine Insel, auf der alle Gefühle lebten:
Glücklichkeit, Traurigkeit, Wissen, und all die anderen, einschliesslich der Liebe.

Eines Tages wurde den Gefühlen verkündet, dass die Insel sinken wird.
Darum bereiteten sie alle sich Boote und fuhren davon. Die Liebe war die einzige, die blieb.

Die Liebe wollte bis zum letzten möglichen Moment auf der Insel verharren.
Als die Insel kurz vor dem Versinken stand entschied sich die Liebe, um Hilfe zu flehen.

Der Reichtum kam in einem gewaltigen Boot an die Liebe vorbei.
Die Liebe sprach, "Reichtum, kannst du mich mitnehmen?"
Doch der Reichtum antwortete, "Nein, kann ich nicht. Ich habe viel Gold und
Silber auf meinem Boot geladen, für dich ist kein Platz darauf."

Also fragte die Liebe die Eitelkeit, die in einem
wundervollen Schiff vorbeifuhr, "Eitelkeit, bitte hilf mir"
"Ich kann dir nicht helfen, Liebe. Du bist ganz nass und
könntest mein Boot beschädigen", antwortete die Eitelkeit.

Die Traurigkeit war nahe und so fragte die Liebe
"Traurigkeit, lass mich mit dir gehen."
"Oh...Liebe, ich bin so traurig, dass ich für mich allein sein muss"

Die Glücklichkeit segelte ebenfalls an der Liebe vorbei,
aber sie war so glücklich, dass sie
nicht hörte, wie die Liebe sie rief.

Doch plötzlich war da eine Stimme,
"Komm, Liebe, ich werde dich mitnehmen"
Es war eine Weise. Die Liebe fühlte sich so selig und überglücklich,
dass sie sogar vergaß, die Weise nach ihrem Namen zu fragen.
Als sie am trockenen Land ankamen ging die Weise ihren eigenen Weg.

Die Liebe realisierte, wie sehr sie in der Weisen' Schuld stand,
und fragte das Wissen, welches auch ein Weiser war,
"Wissen, wer half mir?"

"Es war die Zeit", antwortete das Wissen
"Die Zeit?" fragte die Liebe. "Aber warum half mir die Zeit?"
Das Wissen grinste mit großer Weisheit und antwortete:
"Weil nur die Zeit imstande ist zu verstehen, wie großartig die Liebe ist."
Lingenia
 

Beitragvon SehnSucht » Fr. 16.02.2007, 14:40

jaa die ist schön hab ich irgendwo in meiner gedicht&text sammlung stehen
ja die zeit hat so einiges drauf :?
SehnSucht
 

Beitragvon Lingenia » Sa. 17.02.2007, 03:01

bei der geschichte läufts mir immer wieder kalt den rücken runter ...








Eines Tages bat eine Lehrerin ihre Schüler, die Namen aller anderen Schüler
in der Klasse auf ein Blatt Papier zu schreiben und ein wenig Platz neben
den Namen zu lassen. Dann sagte sie zu den Schülern, sie sollten überlegen,
was das Netteste ist, dass sie über jeden ihrer Klassenkameraden sagen
können und das sollten sie neben die Namen schreiben.

Es dauerte die ganze Stunde, bis jeder fertig war und bevor sie den
Klassenraum verließen, gaben sie ihre Blätter der Lehrerin.
Am Wochenende schrieb die Lehrerin jeden Schülernamen auf ein Blatt Papier
und daneben die Liste der netten Bemerkungen, die ihr Mitschüler über den
einzelnen
aufgeschrieben hatten.
Am Montag gab sie jedem Schüler seine oder ihre Liste.
Schon nach kurzer Zeit lächelten alle. "Wirklich?" hörte man flüstern.
"Ich wusste gar nicht, dass ich irgend jemandem was bedeute!" und "Ich
wusste nicht,
dass mich andere so mögen" waren die Kommentare. Niemand erwähnte
danach die Listen wieder. Die Lehrerin wusste nicht, ob die Schüler sie
untereinander oder mit ihren Eltern diskutiert hatten, aber das machte
nichts aus.
Die Übung hatte ihren Zweck erfüllt.

Die Schüler waren glücklich mit sich und mit den anderen. Einige Jahre
später war einer der Schüler in Vietnam gefallen und die
Lehrerin ging zum Begräbnis dieses Schülers. Die Kirche war überfüllt mit
vielen Freunden.
Einer nach dem anderen, der den jungen Mann geliebt oder
gekannt hatte, ging am Sarg vorbei und erteilte ihm die letzte Ehre.
Die Lehrerin ging als letzte und betete vor dem Sarg.
Als sie dort stand, sagte einer der Soldaten, die den Sarg
trugen, zu ihr: "Waren Sie Marks Mathe Lehrerin?"
Sie nickte: "Ja". Dann sagte er: "Mark hat sehr oft von Ihnen
gesprochen."
Nach dem Begräbnis waren die meisten von Marks früheren Schulfreunden
versammelt. Marks Eltern waren auch da und sie warteten offenbar
sehnsüchtig darauf, mit der Lehrerin zu sprechen. "Wir wollen Ihnen etwas
zeigen",
sagte der Vater und zog eine Geldbörse aus seiner Tasche. "Das wurde
gefunden,
als Mark gefallen ist. Wir dachten, Sie würden es erkennen." Aus der
Geldbörse
zog er ein stark abgenutztes Blatt, das offensichtlich zusammengeklebt,
viele Male gefaltet und auseinandergefaltet worden war. Die Lehrerin wusste
ohne hinzusehen, dass dies eines der Blätter war, auf denen die netten
Dinge standen, die seine Klassenkameraden über Mark geschrieben hatten.
"Wir
möchten Ihnen so sehr dafür danken, dass Sie das gemacht haben" sagte Marks
Mutter. "Wie Sie sehen können, hat Mark das sehr geschätzt."

Alle früheren Schüler versammelten sich um die Lehrerin.
Charlie lächelte ein bisschen und sagte: "Ich habe meine Liste auch noch.
Sie
ist in der obersten Lade in meinem Schreibtisch".
Chucks Frau sagte: "Chuck bat mich, die Liste in unser Hochzeitsalbum zu
kleben."
"Ich habe meine auch noch" sagte Marilyn. "Sie ist in meinem Tagebuch."
Dann griff Vicki, eine andere Mitschülerin, in ihren Taschenkalender und
zeigte ihre
abgegriffene und ausgefranste Liste den anderen. "Ich trage sie immer bei
mir", sagte Vicki und meinte dann: "Ich glaube, wir haben alle die Listen
aufbewahrt."
Die Lehrerin war so gerührt, dass sie sich setzen musste und weinte.
Sie weinte um Mark und für alle seine Freunde, die ihn nie mehr sehen
würden.
Lingenia
 

Beitragvon Lingenia » So. 18.02.2007, 02:29

Der Vogel und das Mädchen:

Die Straßen, nass vom vergangenen Regen.
Die Tropfen funkelten in den ersten Strahlen der Sonne.
Leichter Nebel zog durch Straßen, enge Gassen.
Mit dem ausgehen der Laternen gleich, fiel nicht weit entfernt eine Tür geräuschlos ins Schloß.
Eine kleines Mädchen trat auf den Gehsteig.
Im lauen Wind wehte ihr langes, goldblondes Haar.
Verlassene Straßen entlang, die anmuten als hätten sie nie einen Menschen gesehen.
In der Luft lag eis, Traurigkeit.
Weiter, immer weiter lief sie die Wege entlang.
Ein roter Umhang zierte ihre Schultern, wehend im Winde.
Nicht mehr weit...
Sie blieb vor einem Schaufenster stehen.
Ihre hellen blauen Augen spiegelten sich im Glase, ihr rot geschminkter Mund.
Hoch oben, auf einem Podest, thronte ein Vogel aus Stahl.
Als wolle er singen, all der Einsamkeit und Qual wegen.
Jeden morgen kam sie hier her, immer aufs neue.
Zu diesem Vogel, der das selbe Schicksal teilte wie sie.
Beide werden sie nie frei sein, und nie singen können.
Er, da ein stählender Schnabel zu schwer zum öffnen war, und sie, da Gott ihr keine Stimme gab.
Lingenia
 

Beitragvon Amon » So. 18.02.2007, 13:09

Traurig...
Amon
 

Beitragvon Lingenia » Mo. 19.02.2007, 02:51

das is so süß ^^ (=




„Ich bin acht Jahre alt. Einige von meinen Freunden sagen, es gibt kein Christkind. Papa sagt, was in der Zeitung steht, ist immer wahr. Bitte, sagen Sie mir: Gibt es das Christkind?“
Ihre Virginia

Die Sache war dem Chefredakteur Fancis Church so wichtig, dass er selbst antwortete- auf der Titelseite der Zeitung:

Liebe Virginia!
Deine kleinen Freunde haben nicht Recht. Sie glauben nur, was sie sehen, sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. Aller Menschengeist ist klein, ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich, wie ein winziges Insekt.
Solcher Ameisenverstand reicht nicht aus, die ganze Wahrheit zu erfassen und zu begreifen.
Ja, Virginia, es gibt das Christkind. Es gibt es so gewiss, wie die Liebe und Großherzigkeit und Treue. Weil es all das gibt, kann unser Leben schön und heiter sein.
Wie dunkel wäre die Welt, wenn es kein Chriskind gäbe? Es gäbe dann auch keine Virginia, keinen Glauben, keine Poesie- gar nichts, was das Leben erst erträglich machte. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönen bliebe übrig. Aber das Licht der Kindheit, dass die Welt so erhellt, das müsste verlöschen.
Es gibt ein Christkind, sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben. Gewiss, Du könntest Deinen Papa bitten, er solle am Heiligen Abend Leute ausschicken, das Christkind zu fangen. Und keiner von ihnen bekäme es zu Gesicht. Doch- was würde das beweisen?
Kein Mensch sieht das Christkind einfach so! Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge bleiben einfach unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf Mondwiesen tanzen. Die Liebe. Und trotzdem gibt es sie.
All die Wunder zu denken- geschweige denn sie zu sehen- das vermag nicht der Klügste auf der ganzen Welt.
Was Du auch siehst, Du siehst nie alles. Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönen Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal alle Gewalt auf der Welt zerreißen kann.
Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen sein.
„Ist das auch alles wirklich wahr?“, kannst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer und beständiger.
Das Christkind lebt, und es wird ewig leben. Sogar in zehntausend Jahren wird es da sein, um Kinder wie dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen.
Frohe Weihnachten, Virginia!
Dein Francis P.Church

Der Briefwechsel zwischen Virginia O`Hanlon und Francis P.Church stammt aus dem Jahre 1897. Er wurde über ein halbes Jahrhundert – bis zur Einstellung der Zeitung- alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit auf der Titelseite der Zeitung abgedruckt.
Lingenia
 

Beitragvon SehnSucht » Mo. 19.02.2007, 11:40

die story ist süß
und so wahr
was wäre die welt ohne den glauben an das unsichtbare nicht greifbare
SehnSucht
 

Beitragvon Lingenia » Di. 20.02.2007, 01:08

"Guten Tag, liebe Freunde.
Hier eine wirklich spannende Mitteilung von KNORKATOR-Sänger Stumpen. Bille lesen und beherzigen!

Bis heute morgen wusste ich nicht, dass Herr Müller ein A...loch ist. Jetzt ja.

Jeder trinkt Milch, isst Reis, nascht Joghurt, auch von Herrn Müller.
Herr Müller kommt aus Aretsried, das liegt in Bayern, also ganz im Süden. Klingt komisch, ist aber so.
Der Herr Müller ist ein Unternehmer. Und das, was in den Fabriken von Herrn Müller hergestellt wird, sind lauter Sachen, die aus Milch gemacht werden. Na ja, eigentlich stellen die Kühe die Milch her, aber der Herr Müller verpackt sie schön und sorgt dafür, dass sie in den Supermarkt kommen, wo ihr sie dann kaufen könnt.
Die Sachen, die der Herr Müller herstellt sind so gut, dass sogar der Herr Bohlen dafür Werbung gemacht hat.
Weil der Herr Müller ein Unternehmer ist, hat er sich gedacht, er unternimmt mal was und baut eine neue Fabrik. Und zwar baut er sie in Sachsen, das ist ganz im Osten. Klingt komisch, ist aber so.
Eigentlich braucht niemand eine neue Milchfabrik, weil es schon viel zu viele davon gibt, aber der Herr Müller hat sie trotzdem gebaut. Und weil die Leute in Sachsen ganz arm sind und keine Arbeitsplätze haben, unterstützt der Staat den Bau neuer Fabriken mit Geld. Arbeitsplätze hat man nämlich im Gegensatz zu Milchprodukten nie genug.
Also hat der Herr Müller einen Antrag ausgefüllt, ihn zur Post gebracht und abgeschickt. Ein paar Tage später haben ihm dann das Land Sachsen und die Herren von der Europäischen Union in Brüssel einen Scheck über 70 Millionen Euro geschickt.
70 Millionen Euro!!!
Der Herr Müller hat also seine neue Fabrik gebaut und 158 Leute eingestellt. Großartig.
Nachdem die neue Fabrik von Herrn Müller nun ganz viele Milchprodukte hergestellt hat, hat er gemerkt, dass er sie gar nicht verkaufen kann, denn es gibt ja viel zu viele Fabriken und Milchprodukte. Na ja, eigentlich hat er das schon vorher gewusst, auch die Herren vom Land Sachsen und der Europäischen Union haben das gewusst, es ist nämlich kein Geheimnis. Das Geld haben sie ihm trotzdem gegeben. Ist ja nicht ihr Geld, sondern eures. Klingt komisch, ist aber so.
Also was hat er gemacht, der Herr Müller?
In Niedersachsen, das ist ziemlich weit im Norden, hat der Herr Müller auch eine Fabrik. Die steht da schon seit 85 Jahren und irgendwann hatte der Herr Müller sie gekauft.
Weil er jetzt die schöne neue Fabrik in Sachsen hatte, hat der Herr Müller die alte Fabrik in Niedersachsen nicht mehr gebraucht, er hat sie geschlossen und 175 Menschen haben ihre Arbeit verloren. Wenn ihr in der Schule gut aufgepasst habt, dann habt ihr sicher schon gemerkt, dass der Herr Müller 17 Arbeitsplätze weniger geschaffen hat, als er abgebaut hat. Dafür hat er 70 Millionen Euro bekommen. Und wenn ihr jetzt die 70 Millionen durch 17 teilt, dann wisst ihr, dass der Herr Müller für jeden vernichteten Arbeitsplatz über 4 Millionen Euro bekommen hat. Klingt komisch, ist aber so.

Da lacht er, der Herr Müller - natürlich nur, wenn niemand hinsieht. Ansonsten guckt er ganz traurig und erzählt jedem, wie schlecht es ihm geht.
Aber der Herr Müller sitzt nicht nur rum, sondern er sorgt auch dafür, dass es ihm besser geht. Er ist nämlich sparsam.
Sicher kennt ihr die Becher, in denen früher die Milch von Herrn Müller verkauft wurde. Die schmeckt gut und es passten 500 ml rein, das ist ein halber Liter.
Seit einiger Zeit verkauft der Herr Müller seine Milch aber in lustigen Flaschen, nicht mehr in Bechern. Die sind praktisch, weil man sie wieder verschließen kann und sehen hübsch aus.
Allerdings sind nur noch 400 ml drin, sie kosten aber dasselbe. Da spart er was, der Herr Müller – und Sparen ist eine Tugend, das wissen wir alle.
Ach übrigens, da fällt mir ja ein, der Herr Müller will auch Erbschaftsteuer sparen und hat daher beschlossen, seinen Wohnsitz nach Österreich zu verlegen.

Und wißt ihr was?
Der Herr Müller unterstützt seit Jahren die NPD, durch Parteispenden. Die NPD ist nämlich sein guter Freund.
Und hiermit haben wir doch DAS Argument, seine Müllermilch im Regal stehen zu lassen!

Wenn ihr jetzt fragt, warum solche Leute wie der Herr Müller nicht einfach an den nächsten Baum gehängt werden, dann muss ich euch sagen, dass man so etwas einfach nicht tut. Klingt komisch, ist aber so.
Und hier meine Bitte:
Schickt diese Nachricht durch die Republik, damit alle Leute die Müllermilchprodukte in Zukunft auch einfach stehen lassen.
Kauft die Sachen, die daneben stehen. Die schmecken genauso gut, sind meistens billiger und werden vielleicht von einem Unternehmer hergestellt, für den der Begriff "soziale Verantwortung" noch eine Bedeutung hat.

In diesem Sinne
Stumpen"
Lingenia
 

Beitragvon SehnSucht » Di. 20.02.2007, 09:06

ich mag keine müllermilch und dem gefertigten milchreis kann ich auch nix abgewinnen selbst ist der milchreis meine meinung ^^
SehnSucht
 

Beitragvon Lingenia » Mi. 21.02.2007, 03:08

Es war einmal ein König, der lebte mit seinen drei Söhnen in einem weit entfernten Königreich. Der König war schon alt und wusste, dass er bald sterben würde, doch er konnte sich nicht entscheiden, welchen seiner drei Söhne er zum Thronfolger bestimmen sollte. Um sein Dilemma zu lösen, beschloss er, seine Söhne zu prüfen, damit jeder von ihnen seine Stärke und seine Klugheit beweisen konnte. Eines Tages rief er seine Söhne zu sich. Dies sind die Worte, die er zu ihnen sprach: „Im nördlichsten Winkel dieses Königreichs steht ein großer Berg. Es ist der größte und mächtigste Berg im ganzen Land. Sein Gipfel reicht bis in die Wolken hinauf. Ich weiß das, weil ich als junger Prinz auf dem Gipfel gestanden habe. Und ich weiß, dass auf der höchsten Spitze des Berges die ältesten, größten und kräftigsten Kiefern der Welt wachsen. Um eure Kraft, eure Klugheit, eure Zähigkeit und eure Tauglichkeit als Herrscher zu prüfen, werde ich jeden von euch, einen nach dem anderen, auf den Gipfel des Berges schicken. Jeder von euch soll mir einen Zweig vom größten und prachtvollsten Baum bringen. Derjenige, der mir den größten Zweig bringt, soll mein Nachfolger werden.“
Und so geschah es. Der älteste Sohn zog als Erster los, während sein Vater und seine Brüder warteten. Eine Woche verging und dann noch eine. Am Ende der dritten Woche kehrte der junge Prinz in den Palast zurück. Er hatte große Anstrengungen unternommen und brachte einen riesen Zweig mit. Der König schien hocherfreut und gratulierte ihm zu seiner großartigen Leistung.
Als Nächster war der zweite Sohn an der Reihe. Er gelobte, einen noch größeren Zweig mitzubringen, und machte sich mit Zelten und Vorräten auf den Weg. Eine Woche verging und noch eine und dann eine dritte, während der König auf die Rückkehr seines zweitältesten Sohnes wartete. Vier Wochen vergingen, fünf Wochen, und am Ende der sechsten Woche schließlich kehrte der Sohn zurück. Als er sich dem Palast näherte, sahen alle, die entgegenblickten, dass er einen ungeheuer großen Zweig mit sich schleppte, einen wesentlich größeren als den, den sein Bruder mitgebracht hatte. Er hatte sich wirklich tapfer geschlagen, und der König schien begeistert. Dann wandte er sich an seinen jüngsten Sohn und sprach: „Nun bist du an der Reihe. Sieh zu, ob du einen noch größeren Zweig bringen kannst als deine Brüder.“ Dem jungen Prinz war seine Besorgnis deutlich anzusehen. Er war der kleinste der Brüder, wie sollte er sie übertrumpfen? Er flehte seinen Vater an, den zweitältesten Bruder zum Thronfolger zu ernennen, doch der König bestand darauf, dass der Jüngste sein Glück versuchte. Der Prinz gehorchte und machte sich mit seiner Ausrüstung auf den Weg. Zwei Wochen vergingen, dann vier und dann sechs, ohne dass eine Nachricht von dem jungen Prinz eintraf. Acht, neun, zwölf Wochen vergingen. Schließlich, am Ende der vierzehnten Woche, erreichte die Botschaft den Palast, dass der jüngste Sohn sich auf dem Rückweg befand.
Freudig rief der König seine Untertanen zusammen, um seinen Sohn einen würdigen Empfang zu bereiten, denn nun würde sich entscheiden, wer der zukünftige König sein sollte. Der Prinz näherte sich dem Palast mit gebeugtem Haupt und gesenktem Blick. Er war verschmutzt und zerlumpt. Als er vor seinen Vater trat, sahen alle, dass er es nicht einmal versucht hatte, denn er trug keinen Zweig bei sich. Er sah dem König in die Augen und flüsterte: „Ich habe versagt. Mein Bruder soll zum König gekrönt werden, denn er hat es verdient.“ Als der König seine Stimme erhob, verstummte die Menge. „Du hast es nicht einmal versucht, mein Sohn. Du hast überhaupt keinen Zweig mitgebracht!“ Tränen quollen aus dem Augen des Prinzen, als er antwortete: „Es tut mir Leid, Vater. Ich wollte dich nicht enttäuschen, ich habe versucht, deinen Wunsch zu erfüllen. Wochenlang war ich unterwegs, um in den nördlichsten Winkeln des Königreichs zu gelangen, und ich habe tatsächlich einen großen Berg gefunden. Ich bin auf den Berg gestiegen, wie du es gewünscht hast, bis ich nach vielen Tagen den Gipfel erreichte, den du als junger Mann erklommen hast. Ich habe gesucht und gesucht, wie du es befohlen hast, aber, Vater, es gibt gar keine Bäume auf dem Gipfel!“
Da füllten sich auch die Augen des Königs mit Tränen, und er sprach zu dem Prinzen: „Du hast Recht, mein Sohn, es gibt keine Bäume auf dem Gipfel des Berges. Das Königreich gehört dir.“


Sooo lange Rede kurzer Sinn:

Geb immer dein Bestes – sei ehrlich, gib dir die größtmögliche Mühe. Wenn du das tust, wirst du am Ende reich belohnt werden.
Lingenia
 

Beitragvon Lingenia » Do. 22.02.2007, 01:26

Der Mensch im Spiegel

Wenn Du wieder einmal alles erreicht hast, was Du wolltest, Dir jeder anerkennend Lob und Beifall zollt und die Welt Dich für einen Tag zum Gewinner macht, dann stelle Dich vor einen Spiegel, schau hinein und höre, was der Mensch im Spiegel Dir zu sagen hat.
Es ist weder Dein Vater noch Deine Mutter, weder Deine Frau noch Dein Mann oder Partner, es sind auch nicht Deine Freunde, vor deren Urteil Du bestehen musst. Der einzige Mensch, dessen Meinung für Dich zählt, ist der, der Dich aus dem Spiegel anschaut.

Viele Menschen halten Dich für entschlossen und aufrecht. Sie nennen Dich einen wundervollen Mann oder eine phantastische Frau, doch der Mensch im Spiegel nennt Dich schlicht einen Versager, wenn Du ihm nicht ehrlich und offen in die Augen sehen kannst.

Auf ihn und nur allein auf ihn kommt es an. Kümmere Dich nicht um die anderen, denn nur er ist bis ans Ende Deiner Tage stets bei Dir. Du hast erst dann die schwierigsten aller Prüfungen wirklich bestanden, wenn der Mensch im Spiegel Dein bester Freund geworden ist.
Auf Deinem ganzen Lebensweg kannst Du die Welt betrügen und belügen und Dir anerkennend auf die Schulter klopfen lassen, doch Dein Lohn werden Kummer, Trauer und Schuldgefühle sein, wenn Du den Menschen im Spiegel betrogen, belogen, enttäuscht hast.
Lingenia
 

Beitragvon MutedStoryteller » Do. 22.02.2007, 19:15

Mein Gewissen steht jeden Tag neben mir und sieht mir in die Karten. Lässt Kommentare sofort aus ohne zu fragen... Nein Fragt sogar noch bevor ich etwas tue. Fragt einmal, zweimal, dreimal ... Fragt von Momment zu Meoment so das aich manchmal kaum aufartmen kann weil mich der schwall und der Zweifel erschlägt. Wie Eine Wogedie einen zurückbresst ohne an Kraft zu verlieren... Minuten... Stundenlang.

Wenn ich aber in den Spiegel sehe ist nicht mein Gewissen dort. Stattdessen sieht mich das müde Gesicht eines jungen Mannes an.
Und irgentwie scheint es mir etwas Mitleidig auf die Schulter zu Klopfen und zu Fragen was ich denn hätte anderes machen können. Ohne die Antwort abzuwarten verschwindet es dann wenn ich hektisch das Bad verlasse und keine Zeit für weitere Gedanken habe.
MutedStoryteller
 

Beitragvon Lingenia » Fr. 23.02.2007, 03:51

Rochade


Jeder Mensch hat diese Zellen in sich. Sie sind vollkommen harmlos – eigentlich. Bis sie es plötzlich nicht mehr sind. Dann geht alles sehr schnell. Erst sieht es aus wie eine Grippe. Schnupfen, Husten, Unwohlsein. Dann kommt Übelkeit dazu. Man fühlt sich immer schwächer, immer kränker, jeden Tag ein wenig mehr. Dann kommt der Stichtag. Entweder, man ist bis dahin bei einem Arzt gewesen, es wurde eine Diagnose gestellt und die Therapie eingeleitet – oder man stirbt.

„Dein Papa ist sehr krank.“
Ich hatte meine Mutter noch nie weinen sehen. Sie war nicht der Typ für so was. Bis zu diesem Tag war ich der festen Überzeugung, meine Mutter hätte keine Gefühle, sondern einstudierte Handlungsabfolgen. Für jede eintretbare Situation eine. Gesellschaftlich konform und moralisch wie politisch korrekt. An diesem Tag war plötzlich gar nichts mehr korrekt. Die Ärzte wussten nichts Sicheres, aber dass es ernst war, das wussten sie. Einen Verdacht hätten sie, bekam ich mit, ohne dass es mir jemand gesagt hätte. Der Verdacht reichte offenbar aus, um meinen Vater direkt von der Hausarztpraxis ins Krankenhaus zu überstellen. Meine Mutter wirkte überfordert. Das stand ihr nicht. Sie war grundsätzlich niemals überfordert.

Es war ein eigenartiges Gefühl, als die ersten wildfremden Menschen auf mich zukamen, um mir ihr Mitgefühl aus zu drücken und sich nach seinem Zustand zu erkundigen. Alte Menschen, junge Menschen, Menschen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte und Menschen, die meinen Namen kannten, ich ihren aber nicht. Menschen, die mich ansahen, als wäre ich ein Anrufbeantworter. Ein Anrufbeantworter der Moral, der sie nachgingen, um ihr Gewissen und ihren Anstand im Trockenen zu haben. Piep – danke für Ihr Mitgefühl. Manchmal dachte ich, ich hätte eine Liste führen sollen, auf der ich mir die Namen der Mitfühlenden vermerke. Nur sicherheitshalber. Die hätte ich dann dem Pfarrer geben können. Der hätte sicher gewusst, wohin damit. Ich wusste es nicht.

„Ich soll dich von Brigitte und Helmut grüßen. Und von einer älteren Frau mit Hornbrille und einem Rauhaardackel – aber ich weiß nicht, wie sie heißt“, sagte ich und klang fremd durch den Mundschutz. Die Gummihandschuhe nervten mich. Sie klebten und man schwitzte darunter. Meine Mutter sah aus, wie eine Op-Schwester, wie sie da an seinem Bett stand auf der anderen Seite. Die blauen Kittel verschluckten jede Kontur und machten alle gleich. Mundschutz und Handschuhe dazu, dann noch diese Hauben, die man sich über die Haare ziehen musste, und ich hätte meine Mutter nicht mehr erkannt, wäre ich nicht mit ihr durch die Schleuse gekommen. Mein Vater lag in diesem weißen Bett in diesem weißen Zimmer in einem weißen Hemd und hatte die Decke weggestrampelt. Ihm war zu warm. Er wollte das Fenster aufmachen, aber die Ärzte wollten das nicht. Er lachte, sie lachte und ich wanderte zum Fenster hin und sah hinaus. Mein Vater war mit einem Metzgermeister gut befreundet, der eine ganze Kette von Metzgereien rund um unseren Wohnort besaß. Willi hieß er. Schweinemörder nannte ich ihn immer und lachte dabei. Und Willi lachte mit, wie er grundsätzlich immer lachte, egal, worum es ging. Eine Woche nachdem sie meinen Vater in dieses Zimmer verfrachtet und sämtliche Keime und Bakterien ausgesperrt hatten, kam der Schweinemörder mit einem gigantischen Fresskorb in die Klinik. Wurst, Speck, ein paar Brötchen. Was man eben so braucht zum Gesundwerden, wenn man Willi glauben wollte. Als die Schwestern ihm erklärten, dass man dieses Ding niemals keimfrei bekäme und es deshalb nicht zu meinem Vater rein könnte, schenkte er den Korb den Schwestern, damit sie sich besonders gut um meinen Vater kümmerten und brachte meiner Mutter einen Schinken nach Hause, der halb soviel wog wie ich.

Es war im Religionsunterricht. Ich weiß gar nicht, weshalb wir etwas aus der Bibel lesen sollten – das hatten wir vorher nie getan und danach auch nie wieder – und noch weniger wusste ich, weshalb ich mich meldete und laut lesen wollte. Als ich es dann tat, kam ich drei Sätze weit. Dann wurde mir schlecht. Es klang nach Beerdigung. Niemand sprach mich darauf an, als ich in die Klasse zurück kam. Ich schätze, der Lehrer hatte es ihnen erklärt. Ich hatte es ihm erklärt, ein paar Tage vorher. Nicht, weil ich damit gerechnet hätte, irgendwelche Nervenzusammenbrüche im Unterricht zu erleben. Einfach nur, weil die Schule derart unwichtig war neben dem, was in meinem Leben derzeit so passierte, dass ich verlangte, dass auf diese Umstände Rücksicht genommen würde – seitens der Schule.

Zuhause war es sehr still in diesen Wochen. Irgendwann hatte ich meinen Vater seit zwei Monaten nicht mehr gesehen und meine Mutter nur im Vorübergehen zwischen Arbeit, Krankenhaus und ihrem Bett. Ich lebte vor mich hin, lenkte meine Großmutter von dem ab, was vor sich ging und sie mich.

Sie spritzten Chemikalien in ihn rein, die alles vernichten sollten, was meinen Vater krank machte. Allerdings waren diese Chemikalien sehr gründlich und vernichteten gleich noch ein paar Dinge mehr. Seinen Magen zum Beispiel. Und sein Immunsystem.
„Ein Schnupfen könnte deinen Vater im Moment umbringen“, erklärte meine Mutter und schob mir eine Broschüre aus dem Klinikum zu:
´Diagnose Krebs´
Ich verstand nur die Hälfte, wenn überhaupt. Es war zu kompliziert, zu viel, zu detailliert. Vielleicht war es auch einfach zu medizinisch.
„Akute myloische Leukämie“, sagte sie zum zweiten Mal. Und noch ein drittes Mal. Dann schrieb ich es mir auf und las es immer wieder, bis ich es aussprechen konnte.

Krebs, der im Blut ist. Nicht vererbbar, versicherte man meinen Eltern auf Nachfrage. Der Vater meines Vaters war an Kehlkopfkrebs gestorben. Als mein Vater zu Weihnachten auf eigene Gefahr nach Hause kam, hatte er keine Haare mehr auf dem Kopf und sah plötzlich sehr alt aus. Er war nicht zur Ruhe zu bringen, wirbelte durch die Wohnung, kochte, putzte, ging spazieren und tat alles, was er vermeiden sollte. Im Klinikum hatte er das Fenster geöffnet, erzählte er, und sich dort hingestellt, um eine Zigarette zu rauchen. Immer auf der Hut, dass ihn niemand erwischte. Sie rochen es und sagten ihm, er solle das sein lassen. Dann starben die anderen. Alle. An manchen Tagen nur einer, an anderen zwei. Und am Ende war nur noch mein rauchender Vater auf der Station und sie ließen ihn in Ruhe.

Er hatte sich nicht behandeln lassen wollen, hatte meine Mutter mir gestanden. Als sie mir das erzählte, lag er schon im Krankenhaus. Ich verstand es nicht ganz, aber ich machte mir auch keine Gedanken darüber. Es war seine Entscheidung, fand ich.

Nach Weihnachten kam die Knochenmarktransplantation. Mein Vater hatte eine Schwester und das rettete ihm vermutlich das Leben. Dass mein Mark passen könnte, schlossen die Ärzte von vornherein aus. War wohl sehr selten der Fall bei Kindern und Eltern, dass es passte. Kurz vor der Transplantation saßen meine Mutter und ich an unserem Esszimmertisch und schwiegen uns an. Der Fernseher gähnte schwarz in den Raum, was er sonst nie tat, aber die Stille war irgendwie angenehmer.
„Wenn das Knochenmark transplantiert ist, kann man es nicht mehr rückgängig machen“, sagte sie, als wollte sie etwas anderes sagen.
„Und was kann passieren?“, fragte ich.
„Wenn der Körper das Knochenmark abstößt, dann kann man nichts mehr machen.“
„Stirbt er dann?“, fragte ich.
„Dein Vater ist sehr, sehr krank, Nina, und wir können froh sein, dass er schon so lange überlebt hat“, erwiderte sie.
Das war wohl ein Ja.

Der Körper stieß das Knochenmark nicht ab. Aber sein Darm verknotete sich und sie mussten operieren. Es ging alles sehr schnell. Bis ich davon erfuhr, war er schon wieder aus der Narkose erwacht. Einen Monat lang herrschte Katastrophenroutine. Mein Vater war inzwischen deutschlandweit Patient diverser medizinischer Einrichtungen gewesen: Ulm, Freiburg, Nürnberg, Frankfurt, Heidelberg. Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der einzelnen Kliniken wurde gelegentlich Gesprächsthema. Dann entzündete sich seine Lunge. Mir war nie bewusst, dass es keine Steigerung zu akuter Lebensgefahr gibt. Lebensgefährlicher klingt nicht nach einem Wort, das einer Logik folgt. Eher nach einer Erfindung hilfloser Menschen, die etwas ausdrücken wollten, das eigentlich etwas ganz anderes aussagt: Es gibt einen Zenit der Betroffenheit. Eine schlechtdenkbarste Konstellation von Umständen. Und wenn die erreicht ist, kann es nur noch mehr werden aber nicht mehr schlimmer. Mein Vater ging stundenlang rings um die Klinik spazieren, als sie ihn wieder raus ließen. Ein paar Punks brüllten ihm nach, er wäre eine rechte Sau. Mein Vater muss sich nicht sehr gesund gefühlt haben an diesem Tag. Er hat keinem von diesen Teenagern einen Knochen gebrochen. Ich überlegte, ob man das auch aufschreiben sollte. So wie die Mitleidsbekundungen. Eine Art Negativliste in derselben Sache bot sich irgendwie an. Aber ich wusste ja immer noch nicht, wohin der Zettel am Ende gesollt hätte.

Es gibt eine Statistik, die besagt, dass Rückschläge innerhalb von sieben Jahren nach Therapie-Ende eintreten oder gar nicht. Das bedeutet, dass mein Vater nicht an diesem Krebs gestorben wäre, auch wenn er nach sieben Jahren und zwei Monaten wieder ausgebrochen wäre, weil er dann als geheilt gegolten hätte und somit neu erkrankt gewesen wäre. Es brach aber nicht wieder aus. Wenn man sich einen Hund nach Hause holt, dann weiß man, dass dieser Hund wohl gute zehn Jahre leben wird – und man mit diesem Hund. Mit dem Krebs ist es ähnlich. Wenn man sich einen Krebs nach Hause holt, dann lebt man mit ihm. Er wird Teil des Alltages, weil es nicht anders geht.

„Guten Morgen.“
„Morgen. Sind Brötchen da?“
„Im Brotkasten. Wurst ist auch da, schau mal in den Kühlschrank!“
„Ah, klasse. Lebt Papa noch?“
„Um neun rufe ich mal an und frage.“

Nein, so ist es auch wieder nicht. Aber so ähnlich. Man kann nicht ständig darüber nachdenken, was wäre, wenn. Ich glaube, der Begriff akute Lebensgefahr wurde im Denken erfunden, Lebensgefahr müsste etwas Spontanes sein, das nicht lange anhält. Ein Entscheidungsprozess, der Stunden, im schlimmsten Fall Tage dauern sollte – aber dann fiel eine Entscheidung. Entweder, oder. Tod oder Leben. Leben oder Tod. Dass die Medizin irgendwann so weit sein würde, Lebensgefahr über Monate und Jahre hinaus zu ziehen, ahnte damals vermutlich niemand. Man kann nicht ständig in Todesangst leben. Nicht, weil man es nicht aushält – weil man es einfach nicht kann. Die Angst lässt nach. Man denkt: Es wird schon gut gehen. Oder man denkt: Und wenn es passiert, dann leidet er zumindest nicht mehr. Oder beides gleichzeitig. Man glaubt den Ärzten, wenn sie sagen, dass alles gut wird. Und man glaubt ihnen, wenn sie sagen, dass alles vorbei ist. Dann hört man irgendwann auf damit und glaubt den Fakten. So lange er lebt, ist alles gut gegangen. Wenn er das nicht mehr tut, dann ist es schief gegangen. Ärztliche Prognosen können so zuverlässig sein, wie mathematische Formeln. Oder so unzuverlässig, wie ein blinder Heckenschütze. Individualismus auf medizinisch bedeutet Unberechenbarkeit. Man reagiert, weil mehr nicht möglich ist. Der Krebs hat immer die weißen Figuren. Und er hat drei Damen auf dem Feld. Grundsätzlich.

Als mein Vater wieder nach Hause durfte, galt er als vorläufig geheilt. Unter Vorbehalt, hätte man sagen können. Sieben Jahre. Dann war er zwar auch nicht gesünder oder weniger gesund als vorher, aber dann durften die Ärzte ein Häkchen bei „geheilt“ machen. Sieben Jahre Garantie auf das Leben meines Vaters. Ohne Ersatzanspruch im Falle eines Totalschadens. Die Chemikalien, die seinen Magen und den Krebs gefressen hatten, hatten sein Gehirn auch nicht unbeschadet gelassen. Manchmal saß er minutenlang schweigend am Tisch und starrte vor sich hin.
„Papa, gehst du heute Abend mit auf den Geburtstag?“
...
„Papa?“
...
„Papa, ob du mit auf den Geburtstag gehst?“
Oft schreckte er dann plötzlich auf, als wäre ich aus dem Nichts erschienen. Sein Blick wanderte in meinem Gesicht herum, als müsste er erst zuordnen, wer ich war. Die Frage hatte er nicht gehört und ich beließ es dabei.

Er kaufte sich ein Motorrad. Meine Mutter ging auf Konfrontationskurs und legte jedes Veto ein, das sie hatte. Ohne Erfolg. Drei Monate später machte sie selbst einen Motorradführerschein und sie fuhren gemeinsam durch die Gegend. Immer Samstags und Sonntags. Wenn die Sonne schien, waren sie manchmal den ganzen Mittag über fort. Irgendwann kauften sie mir einen Helm und ich fuhr auf der Maschine meiner Mutter mit. Familie auf Motorradtour. So was hatten wir davor nie gemacht. Ich spekuliere, es klappte auch nur, weil man mit einem Helm auf dem Kopf nicht reden kann. Man ist nur da. Ist beisammen, einige Meter hintereinander und hundert Stundenkilometer schnell. Eine sehr sichere Art, zusammen zu sein, ohne sich zu nahe zu kommen.

Ein Jahr später wollte mein Vater an einem Offroadrennen teilnehmen, dessen andere Fahrer alle höchstens halb so alt waren wie er. Beim Training brach er sich eine Rippe an. Von dem Rennen sprachen wir nicht mehr. Er fing wieder an, Tennis zu spielen, so wie er es vor dem Krebs getan hatte. Aber das behielt er nicht lange bei. Von seinen ehemaligen Mannschaftsgenossen waren kaum noch welche da. Sie fühlten sich zu alt und mein Vater fühlte sich verraten. Als die Mutter meines Vaters starb, blieb er nicht lange im Sterbezimmer, sondern verließ gleich das ganze Krankenhaus, um meine Mutter anzurufen. Um die Beerdigung haben wir uns alleine gekümmert, so weit wir dazu imstande waren. Schließlich war er Erbe. Vielleicht ist es verrückt, den Tod nicht herausfordern zu wollen, indem man ihm nicht zu nahe kommt. Als hätte er Augen und Ohren. Mein Vater könnte gedacht haben, wenn er dem Tod zu nahe kam, könnte der ihn riechen und sich daran erinnern, dass er da noch wen vergessen hatte. Wenn das so war, dann hat der Tod eine verdammt lange Leitung. Acht Jahre lang herrschte Ruhe. Mein Vater war kein junger Hüpfer mehr und gesund war anders, aber er war am Leben und beschwerdefrei. An die Nebenwirkungen der Medikamente, die er ständig schlucken musste, hatte er sich wohl weitestgehend gewöhnt. Dann kamen die Schmerzen.

Es ist schwer, jemandem zu erklären, wie es aussieht, wenn ein Mensch von innen nach außen zu verfaulen anfängt. Außerdem stimmt das so auch nicht, aber es produziert Bilder in Köpfen, die den Tatsachen relativ nahe kommen. Wenn das Immunsystem verrück spielt, dann vernichtet der Körper sich systematisch selbst.
„Dieser Organismus wird sich in dreißig Sekunden selbst zerstören. Dreißig, neunundzwanzig, achtundzwanzig... “
Das Problem mit Gift ist, dass es nicht zwischen Gut und Böse unterscheidet. Es ist einfach nur giftig. Es vernichtet das Immunsystem so weit, dass es sich im Grunde neu aufbauen muss und nebenbei vernichtet es jeden Schutz vor Krankheiten. Es sorgt dafür, dass der Körper nicht weiter verfault und gleichzeitig dafür, dass der Magen immer weniger seiner eigentlichen Funktion gerecht werden kann. Und es zersetzt Knochen. Die Wunden schlossen sich, einige Monate herrschte Ruhe, dann kamen neue, andere Schmerzen. Cortison zersetzt Knochen. Sie operierten und mein Vater bekam ein künstliches Hüftgelenk. Die Schmerzen hörten auf. Das Cortison musste er weiter nehmen, damit das Immunsystem nicht wieder außer Kontrolle geriet. Aber irgendwann hilft es nicht mehr.

Vielleicht geht es gar nicht immer darum, zu überleben. Ich könnte mir vorstellen, dass es manchmal darum geht, sich nicht einfach umbringen zu lassen - auch nicht vom eigenen Körper. Manchmal geht es vielleicht auch um Macht. Darum, wer entscheidet, wann es zuende ist und wie. Sie haben ihn radioaktiv bestrahlt und Gift in ihn hineingespritzt. Haben etwas Grundliegendes an ihm ausgetauscht und alles, was sie hatten, aufgeboten, um dafür zu sorgen, dass es unter Kontrolle von außen blieb. Aber es hat sich davon nie wirklich beeindrucken lassen. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass der Krebs zu keiner Zeit wirklich besiegt war, sondern nur gelauert hat. In irgendeiner Vene oder irgendeinem Organ wird er gesessen und gewartet haben. Aber gewonnen hat er nicht.

Wir spekulierten nie auf die Versicherung und waren irritiert darüber, dass sie wirklich an einen Unfall glaubten. Uns war klar, dass es kein Unfall gewesen war. Er hatte sogar extra einen Tag abgewartet, an dem es goss wie aus Kübeln. Das machte den ganzen Unfall natürlich glaubwürdiger. Mein Vater war ein guter Fahrer, da brauchte es schon nassen Untergrund und Sicht unter fünfzig Metern, um halbwegs plausibel zu machen, dass er aus einer Kurve flog und in eine Baumgruppe. Der Notfallarzt sagte, er sei sofort tot gewesen. Wir weinten recht viel. Das sicher. Aber unter die Trauer mischte sich eine gewisse Erleichterung, die man einem Außenstehenden nur schwer erklären kann. Vielleicht ist es übertrieben, einem Gegner, den man anders nicht besiegen kann, einfach die ganze Partie zu versauen, indem man sich dem Spiel entzieht. Eine Prinzipiensache, denke ich. Aber der Krebs hat immer die weißen Figuren und drei Damen auf dem Feld. Und vielleicht ist das alles, worum es zuletzt geht. Ihn nicht gewinnen zu lassen.
Lingenia
 

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