Das hier wird jetzt wieder eine ewig lange Geschichte, ich hoffe einfach, dass es mir besser geht wenn ich das geschrieben habe.
Wie ich in einem anderen Eintrag von mir vielleicht schon erwähnt habe hatte ich noch vor den Sommerferien eine höchst komplizierte Beziehung. Kompliziert in der Hinsicht, dass ich ihn liebte und er nur manchmal so tat als ob.
Als Reaktion auf meine Enttäuschung und der bereits damals schon vorhandenen Annahme die Liebe wäre nur eine Illusion, niemals echt und überhaupt nicht möglich verbrachte ich meine gesamten Sommerferien betrunken in Clubs und schlief mit fremden Typen. Ich hatte das gute Recht dazu und es gab keinen Grund mir das vorzuwerfen.
Um noch weiter auszuholen: Seit über einem Jahr bin ich mit einem Mädchen "zusammen" das heißt wir küssen uns, wir gehen spazieren wir telefonieren stundenlang aber reden nicht darüber, sind aber gleichzeitig sehr gut befreundet. (Keine Sorge - das wird noch relevant)
Ende September flogen wir dann mit dem gesamten Jahrgang nach Irland - Sprachreise.
Meine Freunde haben sich sehr von mir distanziert und ich wollte mir den Aufenthalt nicht versauen, in dem ich die ganze Zeit versuche mich in eine Gruppe hinein zu drängen. Also schloss ich mich einer Gruppe von drei Jungs an, die mich bereitwillig aufnahmen.
Mit einem von ihnen verstand ich mich besonders gut. Er war interessant und neu (durchgefallen).
Es war geplant, dass wir Dublin um vier Uhr in der Früh verließen.
Am Tag davor setzte ich mich morgens um sieben auf die Dachterrasse um bereits ein wenig an meiner Vodkaflasche zu nippen und meine erste Zigarette zu genießen.
Dann füllte ich, während die Anderen aßen, den Vodka in eine Wasserflasche, um während der Sight-Seeing-Tour daraus zu trinken, was ich und meine neu gewonnenen Freunde auch ausgiebig taten. Wir waren also schon am frühen Nachmittag relativ betrunken, was sich noch steigerte, als wir einen Pub besuchten (was wäre Irland ohne einen Pubbesuch) und danach noch reichlich mehr Alkohol kauften und diesen ins Hostel schleppten.
Wie unsere Lehrer nichts davon mitbekommen konnten war mir völlig unbegreiflich.
Um neun am Abend als die Zimmerkontrolle angesetzt war, waren wir dann vollkommen hinüber, ich hatte bereits mit dem vorhin erwähnten Jungen aus meinem neuen Freundeskreis aufs heftigste rumgemacht und mich andererseits wunderbar mit ihm unterhalten.
Bis um Mitternacht blieb ich sicherheitshalber auf meinem Zimmer um mich dann wieder auf der Terrasse mit ihm zu treffen, einen Joint zu rauchen und noch sehr viel mehr zu trinken.
Wir waren die ganze Nacht wach, waren zwischendurch in dem Zimmer, wo die anderen Trinkspiele gespielt und sich also auch besoffen haben und ich das vorhin erwähnte Mädchen leidenschaftlich küsste nur um dann nachher mich wieder zu dem Jungen zu legen.
Darauf folgte eine Disziplinarkonferenz für mich, meine 3 Freunde und noch einen Jungen.
In dieser Zeit versuchte ich ihm beizustehen, hab ihn beim "Verhör" verteidigt habe seine Alibis bestärkt und so weiter.
Im Endeffekt wurden wir alle nur verwarnt und mussten zum Psychologen weil sie das mit dem Gras irgendwie mitbekommen hatten.
Ich habe ein paarmal versucht mit ihm zu reden oder wieder so locker und normal mit ihm befreundet zu sein wie vorher, doch er blockte vollkommen ab.
Dann erfuhr ich, dass er vor den Sommerferien mit meiner "Freundin" zusammen war und eigentlich nie mit ihr schlussgemacht hat.
Als er dreizehn war zog seine Mutter in die Schweiz und er wohnte bei seinen Nachbarn. Er ist seit ca zwei Jahren permanent bekifft und kommt davon nicht mehr los. Inzwischen auch Schmerztabletten.
Mehr weiß ich nicht über ihn.
Der Grund wieso ich das alles geschrieben habe ist, dass ihr verstehen solltet welche Beziehung wir zueinander haben.
Denn gestern hat er meine Wunden gesehen. Der Ärmel meiner Jacke rutschte hoch und ich sah einen Ausdruck auf seinem Gesicht der weder Mitleid, Abscheu, Ekel oder Unverständnis ausdrückte, sondern eine Art eigene Verzweiflung und Trauer und Mitgefühl dafür, dass ich vielleicht das Gleiche empfinde.
Er zog meinen Ärmel hinunter und sagte: "Kann ich nachher mit dir reden?" voller Verständnis - nicht voller Vorwürfe.
Heute ist er zu mir gekommen und hat gesagt, dass er mir zuhören wird, wenn ich mit ihm sprechen will.
Er hat auch gesagt, dass er mir helfen kann einen Psychologen zu finden.
Ich hätte gerne mit ihm gesprochen, aber da war die Pause schon vorbei und ich habe es nicht geschafft die richtigen Worte zu finden. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob ich überhaupt mit ihm reden will.
Außerdem habe ich Angst, dass er mich dann komplett abstoßend findet.
Habt ihr euch irgendwie dazu überwinden können mit jemandem zu reden? Wie?
Und wie fängt man so ein Gespräch an?