von Mad-Ich » Mo. 24.03.2014, 20:38
Hmmm ... ich würd dir gern noch irgendwas sagen, ums erträglicher für dich zu machen, die ganze Situation. Aber da ist nichts, außer eben um Hilfe zu bitten. Vor Ort, bei Menschen die du kennst.
30% Chance, ich kenn da keine Statistiken, inwieweit man so etwas selber beeinflussen kann, obs zu viele gibt die einfach aufgeben, so wie es dir gerade geht. Obs Dinge gibt, wenn man sie konsequent durchzieht, die 30 zu ner 50 werden lassen können oder ähnliches.
Hilflosigkeit, die Kontrolle verlieren, nur noch zusehen zu können, was gerade passiert, davor hat fast jeder Angst und verschließt vor Tatsachen die Augen so lange es eben geht. In meinem Leben, meinem Empfinden von mir ist der Tod ziemlich fest verankert. Seit über 10 Jahren. Selbstaufgabe, ja, kenn ich auch zur genüge. Und dennoch mag ich das Leben irgendwie. Nicht immer, ich mag auch manches von mir nicht, wäre froh wenns nicht in mir ist. Aber als Mensch ist alles in jedem, was man sich so vorstellen kann. Es nichtmal zur Gänze von einem selber abhängt, für welchen Weg man sich entscheidet. Manchmal ist man hoffnungslos in sich selber verloren. Wird sich für den Rest seines Lebens fragen, warum hab ich das gemacht oder nicht gemacht. Egal für was du dich entscheidest, egal wie lange es noch dauert, die Fragen werden erst aufhören, wenn du nicht mehr bist.
Jede Situation verändert einen. Man kann sein ganzes Leben lang etwas vor sich hertragen, wie ich würde nie xyz, unmöglich, sowas geht gar nicht, jeder, der das macht ist ein schlechter Mensch. Dann ändert sich auf einmal etwas im Leben von diesen Menschen oder etwas in ihnen und auf einmal sind sie selber so, wie sie es sich nie hätten vorstellen können. Jeder halbwegs zur Vernunft begabte Mensch, der schon ein wenig Lebenserfahrung gesammelt hat, wird dem zustimmen. Mach dir also keinen Kopf, wenn es früher drum ging nicht mehr leben zu wollen und nun Angst vor dem Tod zu haben. Das zeigt nur, du lebst. Nur das. Was andere, die nicht oder noch nie in einer ähnlichen Sitaution waren, darüber sagen oder denken, ist völlig egal. Es geht hier nur um dich, um dein (weiter)Leben. Sei einfach mal egoistisch, nimm alles mit was du kannst, egal wies weitergeht. Jetzt muss ich mir nen paar Sachen verkneifen *zugeb*, sonst mach ich mich unter Umständen noch strafbar *hüstel*.
Im Grunde, tu was immer du meinst, tun zu müssen. Aber wirklich, ganz ganz ernst gemeint, sprich mit jemandem drüber. Jemandem der sich da besser auskennt als du und ich und alle hier im Forum. Zu verlieren hast nichts mehr. Es entgleitet dir eh. Ich würd wahrscheinlich auch nen arges Verhalten zeigen, wenn zu viele Gefühle mich nicht mehr rational sein lassen.
Keine Ahnung ob wir uns im echten Leben riechen könnten, ne Umarmung würd ich dir anbieten, auch wenn ich mit Nähe so meine Probleme habe. Falls sie dir helfen könnte es zumindest für einen Moment lang erträglicher zu machen. Falls, dann fühl dich einfach mal kurz gedrückt. Ich weiß, es ändert nichts, es ist nur für nen Moment sich nicht alleine zu fühlen. Hmm *seufz*.
Zu deiner Wunde, ich weiß nicht wies in der Schweiz aussieht, in Deutschland ist Selbstverletzung nicht wirklich ein Einlieferungsgrund für die Psychiatrie, je nachdem ob ne echte Eigengefährdung vorliegt oder nicht. Alles, was nicht wirklich das eigene Leben gefährdet, kann auch in einer Tagesklinik versucht werden zu behandeln. Weiß nicht, ob du so etwas schon kennengelernt hast. Dort ist man nicht alleine mit seinen Problemen, aber dennoch nicht "gefangen". Hat weiterhin sein Zuhause, man kann alleine sein, wenn mans will, kann gehen wenn man will, auch mal Zuhause bleiben, wenns gar nicht geht. Ich würd mich da einfach mal erkundigen, ob dir dieser Weg offenstehen könnte. Schon nicht alleine zu sein, nicht immer tiefer in den gedanklichen Strudel zu geraten, weil sich alles in dir auf den nahen, wahrscheinlichen Tod konzentriert, kann da zumindest ein wenig Erleichterung verschaffen. Und seis wenigstens mal ne halbe Stunde am Tag nicht dran denken zu müssen.
Bleibt aber nach wie vor deine Entscheidung, was du machst. Vielleicht nur nen schwacher Versuch von mir irgendwas zu finden, was dir helfen könnte, so ganz ohne dich wirklich zu kennen. Irgendwas, was dir wenigstens ein wenig Hilfe in Aussicht stellen könnte, dich aber nicht zu sehr in etwas zwängt, was dich noch zusätzlich belastet.
Guck, ich hatte jemanden während meines Psychiatrieaufenthaltes im Zimmer, der von stationär in die Tagesklinik kam, das erste Wochenende in seiner Wohnung sich seinen Handrücken aufschnitt, dann wieder 10 Wochen stationär dort war und danach wieder in die Tagesklinik kam. Der war schon Monate stationär dort (drogenbedingte Psychose), über 10 Jahre erkrankt, den haben se aber auch recht schnell wieder rausgelassen, trotz nem es kann immer wieder passieren. Einzig weil er gelernt hatte, wie er halbwegs stabil bleiben konnte (immer wenns zu viel wurd, hat er sich zurückgezogen, Hörspiele oder Musik gehört). Du weißt mittlerweile, wie es ist wieder stabil zu sein, was du dafür tun müsstest, also würd, sollte jemand meinen dass du stationär in die Psychiatrie müsstest, der Aufenthalt nicht mehr so lang sein wie beim letzten Mal.
Nutz einfach, was du nutzen kannst, um deine Situation etwas erträglicher zu machen. Probiers einfach aus, nimm mit was du bekommen kannst. Wenns keine Hilfe ist, versuch einfach was anderes. Quäl dich nicht noch mehr als es deine Situation eh mit dir macht, geh sie aktiv an. Lass den Weg dein Ziel sein, gehe, renne, humpel, krieche, lass dich vorwärts ziehen wenn nötig, aber bleib in Bewegung.
Lass dir die 30% nur eine Erinnerung sein, ist nur ne Statistik, eine blanke Zahl. Das Leben ist zu 100% tödlich, Überlebenschance 0%. Auch nur ne Zahl und dennoch nimmt man so vieles auf sich, hast du auch schon, wo es rein rational betrachtet ziemlich schräg ist, es nicht einfach zu beenden. Vor uns gabs so viele Lebewesen, nach uns wirds wahrscheinlich auch sehr viele noch geben, eine schier unvorstellbare Zahl von Leben. Im Grunde ist egal was, völlig egal. So viele Menschen, von denen nichts übrig blieb. So, als ob sie nie existiert hätten. Genau das ist der Tod.
Du bist nur solange du wie du noch atmest, wie dein Herz schlägt, du dich fühlen und empfinden kannst. Ist sehr schwer zu erklären grad, das ist für mich nur ein Empfinden, was ich ganz schlecht in Worte kleiden kann. Irgendwie einfach nur ein lebe, lebe solange es geht, nicht um jeden Preis, aber lebe solange du es noch selber kannst. Aufgeben, ja, darf man, jederzeit, denn das ist dein Leben. Das einzige, was du wirklich besitzt. Was dich wirklich ausmacht. Leben. Es nahm einen Anfang, es wird ein Ende nehmen. Versuch einfach das zu finden, was dir jetzt dein Leben erträglicher macht.
In der Situation, wie sie jetzt ist, warst du noch nie, also wirds nicht ausbleiben, einiges ausprobieren zu müssen. Aufgeben kannst immer noch, jederzeit an jedem Ort, solange du noch Kontrolle über deine Extremitäten hast.
Keine Ahnung, wie meist, ob dir diese Zeilen wieder auf irgendeine Art helfen. Lieg grad eh mit aufgestelltem Kopfteil im Bett, die Tastatur aufm Bauch und kann zurzeit auch nichts weiter machen, um mein Leben etwas zu verbessern, außer jede Menge Spaziergänge und Arztbesuche, bis mein Bein wieder okay ist. Ach, jetzt verlier ich grad selber etwas den Faden, ich geh mal draußen ne Runde drehn um keine Thrombose zu bekommen.
Mad-Ich