von Site Admin » Fr. 11.11.2005, 20:49
Ich habe eine etwas "gewagte" These dazu: Ich behaupte, dass jeder Mensch eine gewisse Veranlagung zum Dissoziieren in sich trägt; es erfüllt in bestimmten Extremsituationen eine gewisse Funktion des Selbstschutzes. Im Grunde genommen bewahrt es Menschen, die traumatische Erlebnisse durchleben, davor, dass diese den Menschen vollends zerstören (weil es nicht auszuhalten wäre), indem das Bewusstsein in diesem Zeitraum gewissermaßen "abgespalten" und geschützt wird, in einer Art Trance.
"Einfachere" Formen davon sind einmalige Auftreten wie z.B. bei erlebten Verkehrsunfällen oder in Überstress-Situationen (z.B. Helfer/Sanitäter bei Katastrophen), schwerwiegendere Formen treten meist dann auf, wenn Traumata besonders extrem (z.B. bei einer V*rg*w*lt*g*ng, extremer Gewalt, Augenzeugen davon oder eines M*rdes etc.) sind, besonders langandauernd oder besonders häufig sind, oder in Extremfällen kombiniert. Dann "gewöhnt" sich das Gehirn / die Psyche daran; dieses Wegtreten erfolgt immer öfter, "organisierter" und automatisierter. Es kann dann mit der Zeit schon auf gewisse Schlüsselreflexe reagieren (z.B. bestimtme visuelle/akustische/olphaktorische Reize, die bei den Traumata wiederholt vorkommen oder bestimmte Umstände, unter denen sie stattfanden). Das ist auch als "Triggern" bekannt.
Wenn es die Psyche derart verändert, dass die Persönlichkeit auch in der restlichen Zeit (also außerhalb der Traumata) dauerhaft derart wie oben beschrieben verändert wird, und diese "Bewusstseinsveränderungen" auch dann eintreten, wenn sie in dem Moment gar nicht (mehr) nötig/sinnvoll sind, liegt die Diagnosevermutung der Dissoziativen Identitäts-Störung (DIS) nahe.
Dabei kann es vorkommen, dass diese anderen "Bewusstseinsebenen", die dann eintreten können, sich mit der Zeit unterschiedlich voneinander entwickelt haben und sich so sehr voneinander unterscheiden, dass sie unterschiedlich handeln, reagieren, reden und denken oder unterschiedliche Meinungen/Vorlieben/Gedankenstrukturen aufweisen, so dass man dann in solchen Fällen sogar schon von verschiedenen (teilweise voneinander unabhängigen) Persönlichkeiten reden kann. -> "Multiple Persönlichkeits-Störung" (auch MPS abgekürzt), wobei man in der aktuellen Medizin in der letzten Zeit den letzten Begriff eher versucht zu vermeiden, und lieber von der DIS spricht.
Inzwischen wurde wissenschaftlich festgestellt, dass bei extremen Traumata nicht nur eine psychische Reaktion im Gehirn stattfinden kann, sondern auch regelrechte physische (neurologische) Veränderungen eintreten können, wo Nerven(bahnen)/-verbindungen/-areale geändert/"umgeleitet" oder "gekappt" werden können.