Das Märchen von der traurigen Traurigkeit...

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Das Märchen von der traurigen Traurigkeit...

Beitragvon Stella-cuore » Mo. 21.11.2005, 19:22

.....für jeden hier, der es gebrauchen kann!

Es war eine kleine Frau, die den staubigen Feldweg entlangkam. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht, und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei einer zusammengekauerten Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel erkennen. Das Wesen, das da im Staub auf dem Wege saß, schien fast körperlos. Sie erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Kontruren. Die kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte: " Wer bist du?" ....... Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. "Ich? ...Ich bin die Traurigkeit!", flüsterte die Stimme stockend und leise, dass sie kaum hörbar war.... "Ach, die Traurigkeit!", rief die alte Frau erfreut aus, als würde sie eine alte Bekannte grüßen.... "Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit misstrauisch.... "Natürlich kenne ich dich! Immerhin hast du mich ein Stück des Weges begleitet!..... "Ja, aber....", argwöhnte die Traurigkeit, "Warum flüchtest du nicht vor mir? Hast du denn keine Angst?"...... "Warum sollte ich vor dir davonlaufen meine Liebe? Du weißt doch nur zu gut, dass du jeden Flüchtling einhlost. Aber, was ich dich fragen will: Warum siehst du so mutlos aus?"...... " Ich .... bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit brüchiger Stimme....... Die kleine Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist du also", sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so bedrückt." ..... Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören wollen?... wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. "Ach, weißt du", begann sie zögernd und äußerst verwundert, "es ist so, dass mich einfach niemand mag. Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest." Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen wollen. Die sagen: Papperlapapp, das Leben ist heiter! Und ihr falsches Lachen führt zu Magenkrämpfen und Atemnot. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muss sich nur zusammenreißen. Und spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Und die aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen damit sie mich nicht fühlen müssen." .... "Oh ja", bestätigte die alte Frau, " solche Menschen sind mir schon oft begegnet." .... Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. " Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wennn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen ein Nest zu bauen, um ihne Wunden zu pflegen. Wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut. Manches Leid bricht wieder auf, wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh. Aber nur wer die Traurigkeit zulässt, und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich ihnen dabei helfe.Statt dessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu.".. Die Traurigkeit schwieg..... Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz verzweifelt..... Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkene Gestalt tröstend in den Arm. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte zärtlich das zitternde Bündel. "Weine nur, Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr Macht gewinnt." ..... Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin: " Aber... aber.... wer bist eigentlich du?".... "Ich?" sagte die kleine alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie wieder so unbekümmert, wie ein kleines Mädchen. " Ich bin die Hoffnung!"

(Inge Wuthe)
Stella-cuore
 

Beitragvon Lingenia » Mo. 21.11.2005, 19:40

hatten die geschichte schon ein oder zweimal! :sceptic: ... aber ich find sie so schön :mrhappy:

edit: erst einmal ;) ... und das is ja auch schon über ein Jahr her ...

mir isses beim letzten Satz immer kalt den Rücken runter gelaufen ...
Lingenia
 

Beitragvon Daggi » Di. 22.11.2005, 19:50

das ist eine wirklich schöne Geschichte, die geht ans Herz...
Daggi
 

Beitragvon eagle » Di. 22.11.2005, 20:44

wow! mir fehlen die worte!

aber wenn es doch nur immer so wäre...
eagle
 


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