Ich bin mit dem Leben überfordert.
Ich bin Sozialphob und schon seit vielen Jahren. Das kommt wahrscheinlich daher, das ich als Kind stark geschielt habe und ich oft gemobbt wurde. Ich wurde als Schielauge, Behindi und Brillenschlange bezeichnet. Auch musste ich mir dumme Sprüche anhören, da ich mit 10 Jahren erst in der 2. Klasse war und auch noch auf einer Förderschule war. Das perfekte Opfer.
So zog ich mich immer sehr zurück und saß lieber in meinem Zimmer, zeichnete, hörte Musik und spielte Videospiele. Ich entwickelte eine richtige Angst Menschen gegenüber. Meine Familie bekam das natürlich mit und hatten auch Verständnis dafür. Dennoch wollten sie, das ich mich anpasste und Freunde finde. Mit anpassen ist gemeint, das ich mich mädchenhafter verhalten sollte und auf Videospiele und Anime etwas verzichten sollte. Denn wenn ich mal einen Freund haben sollte, würde ich mich damit nicht mehr beschäftigen. Naja, hat sich nicht wirklich geändert.
Doch das wollte ich als Kind/Teenager nicht hören. Ich mochte „Mädchensachen“ nicht. Das ging so weit, dass ich mich in einem Schultheaterstück geweigert habe, ein Kleid für eine Rolle zu tragen. Ich eckte irgendwie immer irgendwo an. In der Schule, in der Familie, später in der Lehre.
Auch meine Angst zu Menschen wurde auch richtiger Hass. Das klingt komisch, aber ich habe mich viele Jahre über von keinem Menschen richtig verstanden gefüllt. Ich wurde immer als „anders“ bezeichnet. Ich mochte Anime/Manga, Videospiele und keine Mädchenklamotten, als Mädchen. Ich sah komisch aus, hatte ne komische Stimme und war lieber für mich alleine und hatte kaum Freunde.
In der Zeit war ich nur ängstlich und depri drauf.
Jetzt komme ich zu der Zeit, nach der Schule.
Ich habe mittlerweile akzeptiert, dass ich ein Mädchen bin und kleide mich auch gerne weiblich. Nur jetzt muss ich mir anhören, dass ich entweder abnehmen soll oder schwanger aussehe. Ich habe mit ca. 18 habe ich den Hauptschulabschluss gemacht und kam dann ins H4-System, wo Maßnahmen wichtiger sind als einen Schulabschluss nachzuholen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, wo ich hin sollte. Jeder ging mir auf die Nerven eine Lehre zu machen. Aber ich wollte es wegen der Ablehnung von Menschen nicht und wollte meine neue „Freiheit“ genießen.
Zu der Zeit lernte ich meinen Mann kennen. Die ersten 1 ½ führten wir eine Fernbeziehung. Ich kam in eine 3 Monatsmaßnahme, war wieder arbeitslos, kam wieder in eine 1 Woche Maßnahme und war wieder arbeitslos. Das Amt hat mir auf Grund von, das ich nicht wusste wohin und dem Hauptschulabschluss, mir die Berufe Verkäufer und Fachkraft Gastgewerbe angedreht. Ich wollte die aber nie, hatte mich auch nicht getraut zu sagen, dass ich mit Menschen nicht klar kam und Angst vor ihnen habe.
Ich wurde dann mit Anfang 20 in eine Verkäuferausbildung gesteckt. Das Amt war glücklich, mich los zu sein und die Familie war stolz auf die Lehre.
Aber ab da ging es mit mir Berg und seit 3 ½ komme ich nicht mehr wirklich klar.
Ich war mit furchtbaren Frauen in der Klasse. Frauen, die sich dauernd in der Wolle hatten, die mir einredeten, dass mein Mann mir fremdgehen würde. Obwohl die selber in einer Partnerschaft waren und in der Disko mit andren rummachten. Sozialpädagogen und Ausbilder, die auf Zwang eine „wir haben uns alle lieb Klasse´“ machen wollten“ und mich und eine andere als komisch abstempelten, weil wir lieber für uns waren. Es gab ständig Streit in der Klasse und die Erwachsenen Weiber haben sich selber kindisch verhalten und eine andere auch gerne mir Ragiergummistücken beworfen.
Die Praktika habe ich immer gehasst. Nervige Kunden, Kollegen, die einen anschnauzen, Chefs, die einen anzumaulen, weil man mal krank ist und dann diese Tätigkeit. Ich hasse es, denn ganzen scheiß Tag Ware zu verräumen, MHD-Kontrolle zu machen und Ware vorzuziehen. Ich hasse diesen ganzen Beruf.
Nach 1 ½ habe ich abgebrochen. Meine Familie war wütend und eine Jahre lang hat meine Mutter mir nicht geglaubt, wie schlimm es für mich war. „Du hast dich auch nicht immer richtig verhalten“ Na und? Ist mir doch egal, ich habe mir den Dreck nicht ausgesucht. Ich kam dann für 8 Wochen in eine Tagesklinik.
Ich muss sagen, dass ich während der Lehre sehr, sehr oft krank war. Ich ging immer mit Kopfschmerzen und Bauchschmerzen zum Arzt. Ich war auch für 11 Tage im Krankenhaus, weil ich mit Kopfschmerzen hin ging und Viren in meinem Rückenwasser gefunden wurden. Es war aber so, dass ich Kopfschmerzen wegen Schlägen auf dem Kopf hatte und mir die auch teilweise eingeredet hatte. Ich wollte da nur weg und hoffte auf Hilfe im Krankenhaus. Ich ahnte ja nicht, das da was war. Es war schrecklich.
Nach der Tagesklinik ging es wirklich besser. Das hielt aber nicht lange. Es fing wieder an. Mit den Ausrastern, dem selbst schlagen, mit der Unsicherheit, der Angst.
In den letzten 2 Jahren und 2 Monaten habe ich eine Therapie, Zwangsmasßnahme mit Praktikum und die 10. Klasse abgebrochen.
Ich bin einfach mit allem überfordert. Ich habe das Gefühl, das jeder was von mir verlangt. Die Familie, will dass ich eine Lehre mache, abnehme, aus mir rauskomme. Ich muss die Wohnung in Schuss halten. Ich muss mich wieder bewerben und wieder 1000 Sachen einreichen, Dinge mit den Ämtern klären. Obwohl ich noch keinen Cent bekomme. Vor allem setzte ich mich selber unter Druck. Ich kann nicht mehr.
Ich habe Angst vor Menschen, vor der Welt. Ich komme mit Druck nicht klar und habe dann wieder diesen Druck im Kopf. Ich werde aggressiv, weil mir alles zu viel wird. Dann schlage ich um mich, mich selbst und heule wieder. Ich entwickle wieder diesen Hass, werde ganz still und verliere mich in meinen dunklen Gedanken.
Ich würde am liebsten schreien: „Ich kann nicht mehr, ich will euren dummen Druck nicht und ich bin eben anders!!!"
Und während ich das wieder schreibe, habe ich wieder diesen Druck im Kopf.
Das alles geht so schlimm jetzt seit 3 ½ und ich kann nicht mehr. Ich bin einfach fertig.