Arbeitslos nach Tod meines Vaters

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Arbeitslos nach Tod meines Vaters

Beitragvon Odo » Di. 27.08.2013, 01:30

Hallo miteinander,

Ich habe nur noch Angst und Sorgen und brauche euren Rat, euren Zuspruch und einfach eure ehrliche Meinung.
In den letzten Monaten stürzte meine Welt komplett ein. Das ganze begann am 12. März 2013, zwei Tage nach meinem dreissigsten Geburtstag. Ich und meine Mutter mussten meinen Vater notfallmässig ins Spital bringen. Schon seit 15 Jahren leidete er an Herzkrankheiten und an C.O.P.D., einem chronischen Lungenzerfall, der auch durch Rauchen und Feinstaub ausgelöst wird. Mein Vater war ganz schlimmer Raucher und war bis zu seinem ca 23 Lebensjahr Alkoholiker. Seit damals war er aber trocken.
Nun, mein Vater kam aus dem Spital nicht mehr heraus. Er wurde im April in ein Alters- und Pflegeheim verlegt, da er zum Pflegefall mutierte. Meine Mutter, welche schon seit Jahren an Angst- und Panikerkrankungen leidet, hatte daraufhin einen kompletten Nervenzusammenbruch und wurde für diverse Wochen in eine psychiatrische Klinik eingeliefert.
Während dieser Zeit versuchte ich mein bestes um für mich und meine Eltern zu funktionieren, arbeitete 50 Stunden die Woche, nur um abgelenkt zu sein und auch um meinem neuen Chef zu zeigen, was ich kann. Ende Mai musste ich jedoch intern die Position wechseln und konnte quasi einen beruflichen Aufstieg erreichen, welche mich bis mitte Juni extrem motiviert hatte. Ich fühlte mich trotz allen Problemen mit meiner Familie wieder etwas besser.
Dann passierte es... das wohl schlimmste Wochenende meines Lebens. Am Samstag, 15. Juni besuchten meine Mutter und ich meinen Vater im Altersheim. Schon auf den ersten Metern sahen wir, dass er alles andere als Gut aussah. Er schien aufgedunsen und extrem dick. Wir liessen ihn sofort ins Spital einliefern, die Pflegeschwestern im Heim haben nicht reagiert, so haben wir es halt gemacht. Und wir haben richtig gehandelt. Im Spital wurde festgestellt, dass er 10 Liter Wasser eingelagert hat, vorallem viel in den Lungen. Er wurde punktiert und kam abends dann zur Überwachung in die Notaufnahme. Er schien jedoch stabil zu sein. Ich war so Müde, dass ich sehr früh schlafen ging und dann aber um Mitternacht das Telefon nicht hörte. Es war das Spital. Als ich am nächsten Morgen zurückrief, teilte mir der Notfallarzt dann mit, dass mein Vater eine extreme Krise hatte und beinahe erstickt sei. Er lebe aber noch, aber es wäre gut, wenn meine Mutter und ich im Verlaufe des Tages mal vorbeikommen würden.
Wir gingen später vorbei und dann führte der Arzt mit uns das, ich nenne es, finale Gespräch. Er eröffnete uns, dass das Herz meines Vaters keinen Blutdruck mehr herstellen kann, dass seine Niere ausgestiegen ist und er deshalb mehr und mehr Wasser einlagere und die Lunge sowieso nicht mehr richtig funktioniere. Wir müssen damit rechnen, dass er in den nächsten Stunden/Tagen versterben werden. Beim Schreiben dieser Worte fang ich schon wieder an zu weinen :( Ich bin froh, konnten wir ihn nochmals sehen. Er war bei vollem Bewusstsein, frage nach meinem Job (was er sonst nie gemacht hat) und ihm war ganz klar, was da passieren wird. Er ass noch ein Eis und irgendwann sagte er uns, dass er jetzt schlafen will, er sei ein wenig Müde. Wir verabschiedeten uns und haben gesagt, dass wir Morgen wieder vorbeikommen und er dann ein weiteres Eis bekommt. Aber das Geschah nicht mehr. Zirka zwei Stunden später ist der dann eingeschlafen....
Einen Tag später bekam ich dann Bescheid, dass ich endlich, nach Jahrne des Bewerbens und Bemühens, von meinem Geschäft fest übernommen werde. Ich konnte es kaum glauben, mich aber auch kaum freuen. Ich informierte alle meine Mitarbeiter und Vorgesetzten über meinen Verlust. Es schien, als haben alle grosses Mitleid mit mir und man sagte mir "Komm wieder, wenn es dir besser geht, aber jetzt, geh heim." Ich war komplett neben den Schuhen und suchte auch wieder meinen Psychiater auf. Dieser schrieb mich zwei Wochen krank und verschrieb mir Erholungsferien. So ging ich mit meiner Freundin und ihrer Mutter nach Kreta um ein wenig auszuspannen.
Als ich am 1. Juli wieder ins Büro kam, wurde ich empfangen wie ein Staatsfeind. Meine Chefin warf mir die Worte "Ich bin so was von enttäuscht von dir!" an den Kopf. Begründung, ich habe mich bei ihr nicht mehr telefonisch gemeldet, wann ich genau zurückkommen werde. Dies war jedoch nicht wahr, meldete ich mich per E-Mail, schickte dem Team auch mein Arbeitszeugnis und tauchte auch am Tag nach dem Tod meines Vaters im Büro auf um meinem Team persönlich mitzuteilen, was geschah.
Der Juli war dann die pure Hölle. Mein Team und auch mein neuer Chef machten mir das Leben zur Hölle. Ich bekam keine Auskünfte, wurde ermahnt, nicht pro-aktiv zu sein und mir wurde vorgeworfen, nur apathisch in den Computer zu schauen. Dem war auch so, aber doch versuchte ich mein Bestes um meine Arbeit irgendwie zu erledigen. Irgendwann hatte ich richtiggehend Angst ins Büro zu gehen und mein Arzt verschrieb mir Temesta, ein starkes Beruhigungsmittel um mich herunterzufahren. Jedoch, am 30. Juli wurde mir in der Probezeit gekündigt, mit dem Vorwurf 1. apathisch gewesen zu sein, 2. nicht pro-aktiv gewesen zu sein, 3. nicht aufnahmefähig zu sein und 4. der falsche Typ für diesen Job zu sein.
Und jetzt, einige Wochen später, bin ich arbeitslos gemeldet, habe Angst um meine Zukunft und weiss einfach nicht, was denken oder machen. Habe ich versagt? Habe ich alles falsch gemacht? Ich habe Angst, die Arbeitslosenkasse gibt mir die Schuld an meinem Jobverlust, dabei habe ich alles gemacht, um diesen Job gut zu machen. Ich hab nur noch Angst....

Danke fürs Zuhören. Und noch viel mehr Danke fürs Antworten. :(
Odo
 

Re: Arbeitslos nach Tod meines Vaters

Beitragvon Atisha » Di. 27.08.2013, 01:57

Du schreibst wieder deinen Psychiater aufgesucht, hattest du schon eher mal Probleme mit dir?
Ansonsten ist wie kommst du jetzt mit der Arbeitslosenkasse klar. Also im Notfall kann dir doch dein Arzt ein Gutachten schreiben, dass du nicht anders konntest und krank bist.
Atisha
 

Re: Arbeitslos nach Tod meines Vaters

Beitragvon Odo » Di. 27.08.2013, 02:01

Atisha hat geschrieben:Du schreibst wieder deinen Psychiater aufgesucht, hattest du schon eher mal Probleme mit dir?
Ansonsten ist wie kommst du jetzt mit der Arbeitslosenkasse klar. Also im Notfall kann dir doch dein Arzt ein Gutachten schreiben, dass du nicht anders konntest und krank bist.

Wow, eine schnelle Antwort. :) Danke dafür.
Ja, ich habe in der Vergangenheit immer mal wieder (alle paar Jahre) Krisen gehabt, bei welchen ich auf meinen Psychiater zurückgegriffen habe. Die Situation mit meinen Eltern hat mich einfach immer wieder extrem "gekillt". Meine Mutter hat seit Langem schon mit Depressionen zu kämpfen gehabt. Sie wurde in ihrer Kindheit von ihrem Vater missbraucht. Zudem ist hier im Hintergrund auch eine Freikirche am Werke gewesen, welche unser Leben nicht einfacher gemacht hat. Dazu mein Vater mit seinen gesundheitlichen Problemen, welche er mit seinem destruktiven Verhalten nicht besser gemacht hat. Dazu warf er soviel Geld aus dem Fenster, dass meine Mutter und er tief in Schulden gestürtzt sind - und auch ich. :(
Denkst du das geht echt? Auch in der Schweiz?
Odo
 

Re: Arbeitslos nach Tod meines Vaters

Beitragvon Atisha » Di. 27.08.2013, 02:10

also ich sehe das so, das du dein Bestes gegeben hast für den Job und nicht dran Schuld bist ihn verloren zu haben. Sondern du steckst in einer Lebenskrise und bist deswegen krank. Vielleicht auch noch tiefere Gründe. Wenn das ein Psychiater bestätigt müsste das Bestand haben vor der Arbeitslosenkasse oder einem Sozialgericht. So sehe ich das. Lasse dich blos nicht entmutigen von den Mitarbeitern der Arbeitslosenkasse.
Atisha
 

Re: Arbeitslos nach Tod meines Vaters

Beitragvon GLaDOS » Di. 27.08.2013, 08:16

Es tut mir leid, was dir widerfahren ist. Mir wäre es nach solch einem Verlust genauso gegangen...du hast sicher nicht versagt :troest: Trauer braucht seine Zeit.

Ich denke auch das, wenn du bei der ALK ein Schreiben von deinem Arzt vorlegst, es zumindest nicht schaden kann.

Das du Angst hast ist nur zu verständlich, aber du wirst dich wieder aufrappeln und einen Job finden. Gib dir etwas Zeit Geschehene zu verarbeiten.

Lieben Gruß....
GLaDOS
 

Re: Arbeitslos nach Tod meines Vaters

Beitragvon Odo » Di. 27.08.2013, 10:35

Meine Mutter und ich gehen jetzt mit einigen bekannten auf den Friedhof und lassen die Urne ins Gemeinschaftsgrab bringen. Hab heute praktisch nichts geschlafen.

Ich weiss, jeder Mensch ist anders. Nur, ich frage mich, wie lange ich noch trauern muss. Ich will dass mein Leben endlich weitergeht.
Odo
 

Re: Arbeitslos nach Tod meines Vaters

Beitragvon iyuraeel » Di. 27.08.2013, 15:05

Hallo Odo,
erstmal mein Beileid, sowas ist nie leicht. Ich dachte beim Lesen: "Schön, immerhin war sein Vater nicht alleine
und konnte sich noch verabschieden", das ist sicherlich wichtig gewesen für ihn, dass ihr dort wart.

Ich will dass mein Leben endlich weitergeht.

Das kann noch Monate dauern, vielleicht auch nur Tage. Dein Leben wird weitergehen, ganz sicher,
aber du musst dir auch Zeit zum Trauern geben. Es bringt dir nichts jetzt alles zu überstürzen und
am Ende bricht alles erneut auf dich herein. Nimm dir ruhig ein wenig Zeit soweit das irgendwie
möglich ist. Verbring sie mit deiner Ma oder anderen Verwandten und Freunden, mit Leuten die dir
gut tun und akzeptiere, dass es momentan nötig ist und vielleicht auch noch etwas länger nötig
sein könnte.

Was den Job betrifft scheint ja einiges schief gelaufen zu sein :(
Du warst vielleicht wirklich nicht sonderlich gut als du anfingst und vielleicht dachte man da wirklich,
dass du nicht der richtige warst. Aber das wäre finde ich völlig verständlich, in einer solchen Situation
kann man nicht die Leistung bringen die man gewohnt ist. Man sollte zwar auf etwas mehr Rücksichtnahme
hoffen dürfen, aber...daran ist es wohl gescheitert :(
Versagt hast du da sicherlich nicht, du hast getan was du konntest und mehr kann niemand verlangen.

Ich wünsche dir, dass es dir bald wieder besser geht!
iyuraeel
 

Re: Arbeitslos nach Tod meines Vaters

Beitragvon Mirai » Di. 27.08.2013, 15:43

Odo, du hast auf keinen Fall versagt. Ich denke, jeder hätte in deiner Situation genauso reagiert und dass du deinen Job deswegen verloren hast, ist einfach nur bescheuert.
Du hast hart gearbeitet, obwohl du einen solchen Verlust erlitten hast. Ich wüsste ehrlich gesagt nicht, ob ich das in deiner Situation gekonnt hätte.
Mach dir keine Vorwürfe wegen deines Jobverlusts. Die wollten dich wahrscheinlich nur aus der Firma rausekeln. Die Reaktion deiner Chefin war auf jeden Fall völlig ungerechtfertigt und kaltherzig.

Ich sehe es so wie Atisha. Ich kenne mich mit den Arbeitslosengesetzen zwar nicht aus, aber du solltest auf jeden Fall um dein Recht kämpfen.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in so einer Situation rechtens wäre, wenn die Kasse dir die Schuld an der Arbeitslosigkeit gibt.

Ich wünsche dir ganz viel Kraft! Gib niemals auf! :cuddle:
Mirai
 


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