Zerfrisst mich mein Neid?

Das Forum für Euren Kummer und Sorgen oder wenn Ihr über Eure Probleme schreiben wollt.

Zerfrisst mich mein Neid?

Beitragvon lupilu » Fr. 26.07.2013, 09:09

Hallo Hallo

Ich habe ein Problemchen, welches mich immer schon begleitet hat und mehr und mehr zu einem ´´richtigen´´ Problem wird. Ich bin verhältnismäßig ziemlich arm aufgewachsen (verhätnismäßig weil wir in Deutschland leben). Mein Vater hat mich und meine 3 Geschwister auch ziemlich früh verlassen und sich mit einer neuen Frau ne neue Familie gegründet. Alle Geschwister sind ziemlich verstritten. So und es war immer schon so:

-Alle Kinder hatten im Kindergarten ihre Magnetpins aus den Konrflakesschateln, nur ich nicht.
-Alle flogen in den Urlaub, nur ich nicht.
-Alle kauften sich die Schulbücher und hatten neue Tonister, Klamotten etc., nur ich bekam die Bücher von der Stadt und musste mit alten Sachen rumlaufen.
-Früher hatte in der Jugend jeder nen coolen Motorroller, nur ich konnte mir keinen Leisten- ich war jeden Sonntag um 4 aufgestanden um zeitweise bis zu 3 Zeitungsbezirke mit Zeitungen zu beliefern, konnte mir den Fuck aber dennoch nicht leisten.
-Wärend meines Abitures wurde ich dann noch zusätzlich psychisch Krank und musste in die Klappse, sowie hatte knapp 2 Jahre therapie (halt auch hauptsächlich wegen Familie etc.), hab trotzdem alles dran gegeben und hab auch Abi etc. geschafft (selbst hier in Bayern, wo das Abi was schwerer ist gg).

Im Studium jetzt bildet sich genau das gleiche ab. Wenn in den Medien davon gelabbert wird, die armen Studenten bla bla bla, so ist das strukturell einfach nur gelogen. Bildung ist ein Gut der gutverdienenden! Auch hier bin ich jetzt seit knapp 4 Jahren (bin jetzt fertig geworden) sogut wie jedes Wochende Schichten am schieben um mir neben meinem eigendlichen Haushalt auch Musikunterricht zu finanzieren, weil wir damals uns das nicht leisten konnten. Wärend die anderen Studenten nur Party und Urlaub machen (ein Kollege von mir war dieses Semester 2 mal im Kurzurlaub und sogut wie jedes zweite Wochende auf verschiedenen Feiern, und das ist kein Einzelfall, wenn man mal so täglich auf Facebook schaut), stehe ich jedes Wochende am Grill und brate Burger....

Das Problem ist einfach, dass mich das insgesamt total auffrisst. Ich bin total verbittert geworden, oft sehr traurig und kriege sofort zuviel, wenn ich nur höre das der und der wieder nen Auto bekommen hat, das der und der wieder in den Urlaub geflogen ist oder der und der nur Party im Kopf hat und mir mit so nem Blödsinn kommt: Ja, man lebt nur einmal. JA SUPER MISTER, WIE VIELE 24 STUNDENTAGE HATTEST DU SCHON IN DEINEM SEMESTER, WO DU MORGENS UM 8 UHR IN DER UNI DIR VORLESUNGUNGEN ANSCHAUST, DANACH ZUM GITARRENUNTERRICHT HETZT UND DANACH UM 20:30 UHR DEINE 8 STUNDENSCHICHT BEGINNST UM DEINEN HAUSHALT ZU FINANZIEREN?! Genau das ist der Grund, wieso ich nur noch mit sehr wenigen Leuten klar komme, nämlich die, die sehr angagiert und viel arbeiten. Und das sind in meinem Umfeld nunmal die wenigsten, wieso ich innerlich nur anecke....

Mir gehts nicht um Mitleid, um ´´ja so viel arbeiten und angagiert sein formt Charakter´´ oder ´´ist ja nicht bei jedem so, dass es ihm so gut geht.´´ Ich will einfach aus diesem Zustand dieser völligen Verbitterheit raus, andere respektieren, auch wenn es ihnen einfach schon immer und auch immer noch gut geht (das tuh ich nämlich nicht, für mich ist so was sofort abgestempelt) und einfach froh sein, was ich mache. Meine Freundin bspw. hat total reiche Eltern. Sie ist ne richtig liebe Person, aber muss sie nix außer ihre Schule machen und kriegt Miete etc. alles bezahlt, während ich halt jeden zweiten Morgen um 3 Uhr aufstehen muss, um pünktlich zur Frühschicht zu erscheinen. Und auch das Umfeld ( Familie, deren Freunde etc.) sind Haargenau so, und ich krieg einfach nur die völlige Wut und rede dementsprechend mega abwertend, obwohl ich die Leute nicht mal richtig kenne. So ist es überall...

Ja, was soll man da jetzt machen?
lupilu
 

Re: Zerfrisst mich mein Neid?

Beitragvon Atisha » Fr. 26.07.2013, 09:58

Ich bin in der DDR aufgewachsen, da hatten alle nicht viel, aber ich fand das gar nicht schlecht, es gab andere Werte und Reichtümer. Ich bin mein ganzes Leben schon psychisch krank und das ist das Ausschlaggebende, Besitz nützt nix. Besitz bringt kein Glück. Die Zeit nach dem Studium, wo ich sehr gut verdient habe, war die Unglücklichste meine Lebens. Jetzt habe ich wieder nichts und muss mich zusehens immer mehr einschränken, aber am Ende gehts.
Siehe zu, dass du auf dein Leben schaust und mit dem was du tust und leistest zufrieden wirst, mehr ist das Leben nicht, der Rest ist eine Illusion. Die Grundbedürfnisse müssen natürlich befriedigt werden, aber mehr braucht man nicht, selbst so ein weltliches Studium bringt nicht was man sich damit als junger Mensch erhofft.
Nun bist du wütend und neidisch, aber worauf, nämlich darauf dass du mit deinen Mitmenschen nicht zusammensein kannst und mit ihnen leben. Du fühlst dich im Abseits, das ist das eigentliche Problem. Aber du hast doch paar Freunde, die auch arm sind und nicht mithalten können, das ist doch was. Man muss auf das sehen was man hat und nicht was man nicht hat. Was sagt ein buddhistisches Sprichwort "Es gibt keinen Weg zum Glück, glücklich sein ist der Weg". Letztens war meine kleine Tochter (9J.) ganz wütend, weil bei mir die Strümpfe wegen dem ein wenig härteren Wasser und dem fehlenden Weichspüler nicht so schön anzuziehen gingen wie bei Mama. Naja so mangelhaft ist nun mal die Welt, das darf einen nicht die Freude rauben, das muss man nehmen wie es eben ist und trotzdem mit dem Leben zufrieden sein. Man sollte versuchen in jeder Handlung das Schöne und Gute zu sehen und in jeder Situation sehen das zum zufrieden sein doch eigentlich alles da ist. Es sind ja dann auch keine festen Situationen, sondern das Leben ist ein ständiges Geschehen, welches uns genügen sollte. Oft machen wir und das Leben nur selber schwer, weil wir hoffen mit irgendwas Materiellem letztlich doch das Glück zu erhalten. Und kaum ist etwas erreicht, dann merkt man es macht nicht lange glücklich und schon muss das nächste Zielobjekt her.
Atisha
 

Re: Zerfrisst mich mein Neid?

Beitragvon Vorresti » Di. 24.09.2013, 14:43

Hallo lupilu,

ich kenne die Diskrepanzen auch und habe auch schon als Kind beobachtet, wo die Unterschiede lagen... und da gab es einige. Meine Strategie war dann, mir in Tagträumen auszumalen, wie das Leben in einer wohlhabenderen Familie wohl abläuft und dann Geschichten aufzuschreiben.

Aber Neid bringt nur dir selbst schlechte Gefühle - die anderen merken davon nichts. Dein Leben wird durch den Neid nicht einfacher und komfortabler. Vielleicht kannst du mal mit deinem Engagement punkten, wenn es um Bewerbungen geht. Im Gegensatz zu den anderen Studierenden hast du schon viel Berufserfahrung gewonnen, weißt also schon, wie man arbeitet. Auch wenn die beruflichen Tätigkeiten nicht in die Richtung gehen, die du später beruflich einschlagen möchtest, könntest du bei Arbeitgebern mit deinem Fleiß profitieren.

Es ist so, dass wir in unterschiedliche Familien hineingeboren werden und dadurch unterschiedliche Startbedingungen haben. Was unsere Eltern uns (finanziell, aber auch ideell und intellektuell) nicht mitgeben konnten (oder wollten), müssen wir uns als Erwachsene selbst erarbeiten. Das ist vielleicht traurig, aber wahr. Verlier nicht den Glauben an dich selbst und deine Kraft.
Vorresti
 


Zurück zu Probleme und Sorgen

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste

cron