Kinder loslassen!

[Petra]

Hallo zusammen,
ich habe mich zum ersten Mal in einem Forum registriert, weil ich öfters mal Probleme habe die mich gedanklich irgendwie "auffressen". Aktuell ist es auch noch eine Sache die mich eigentlich gar nichts angeht. Ich versuche es mal zu erklären:

Also, ich habe eine fast achtzehnjährige Tochter, die seit einem halben Jahr einen Freund hat. Die beiden übernachten am Wochenende mal bei uns oder bei ihm. Sie hat mir erzählt das sie aber noch nicht zusammen schlafen und er darauf Rücksicht nimmt. Er lässt sie aber auch manchmal ganz schön zappeln was mich dann maßlos ärgert. Grundsätzlich ist es aber ein sehr netter Junge. Trotzdem kommt sie mir vor als ob sie seit sie mit ihm zusammen ist irgendwie auf der Flucht ist. Ich habe das Gefühl das sie vielleicht in der Beziehung irgendein Problem hat. Vielleicht auch mal schlechte Erfahrungen gemacht hat. Er ist erst ihr zweiter Freund. Den ersten hatte sie schon mit 14, und dann fast 2 Jahre lang. Sie sagt mir aber immer alles ist OK.

Mein Problem ist nun das diese Sache mich gedanklich so sehr beschäftigt, das ich schon nicht mehr schlafen kann. Ich kann mich oft nicht zurückhalten sie darauf anzusprechen und nerve sie natürlich völlig. Mein Verstand sagt natürlich dass mich das alles nichts angeht und sie ihre eigenen Erfahrungen machen muss, aber es nützt nichts. Ich verstehe mich auch selbst nicht. Ich stehe voll im Beruf und sollte eigentlich genug um die Ohren haben und über solchen Sachen stehen. Ich möchte so gerne das sie glücklich ist und schöne Erfahrungen macht, und meine immer irgendwie ihr dabei helfen zu müssen und versuche auch noch ihr Tips zu geben. Manchmal denke ich, ich brauch einen Therapeuten.
Ich habe auch noch einen 20 jährigen Sohn. Eigentlich dachte ich, ich bin nicht so auf meine Kinder fixiert. So, ich hoffe ich konnte mein Problem irgendwie rüberbringen. Ist mir schon fast zu dumm. Trotzdem bin ich mit meinen Nerven am Ende.

Ich hoffe, dass ich meinen Kopf hier irgendwie frei kriegen kann. Ich weiß auch nicht wie schnell ich mich wieder melden kann, ich habe nicht so viel Zeit.

Viele Grüße
Petra

[Panvie]

Hallo und herzlich willkommen auch von mir liebe Petra,

erst ein mal dieser Satz:

Eigentlich dachte ich, ich bin nicht so auf meine Kinder fixiert.

Hey, du bist Mutter. Es ist doch völlig verständlich, dass du dir Sorgen machst wenn etwas nicht stimmt. An sich ist das ja auch keine Fixierung im ungesunden Sinne.

Mit 18 sind die Kinder allgemein immer in einer Art "Fluchtverhalten". Flucht vor dem Elternhaus, Flucht vor der Welt, Flucht vor der langen Zeit in der Schule... Dieses ruhlose Umherirren ist normal. Sie findet sich selbst, unabhängig davon ob sie einen Freund hat.

In der Regel hilft es den Kindern nicht gerade, wenn sie beim ersten mal nicht sagen was oder ob da etwas vorgefallen ist. Dann wird es beim zweiten, dritten und viertel mal nur immer mehr zur Zerreißprobe für sie. Bitte suggeriere ihr einfach ein mal deutlich, dass du immer da bist wenn mal etwas ist und lass sie dann ohne weitere Ansagen oder Ratschläge für sich. Das ständige Nachhaken und Ausfragen kann auf Dauer auch eure Beziehung zueinander belasten, so dass sie den Mut gar nicht aufbringt - sollte da zukünftig mal etwas sein.

Ich bin nur ein distanzierter Beobachter und kann einzig und allein von deinem Text ausgehen. Aber meiner Ansicht nach versteckt deine Tochter da keine schlimme Erfahrung, wenn es nicht zu - sagen wir mal - heftigeren Angewohnheiten kommt. Es wäre verstörender wenn sie plötzlich Tics entwickelt oder sich psychisch völlig isoliert. Lass ihr bitte einfach etwas Freiraum und sei passiv für sie da. Sie weiß von allein zu wem sie gehen kann wenn sie ihn (oder sie) mal wirklich braucht. Bis dahin musst du einfach davon ausgehen, dass sie nichts zu sagen hat, weil es da entweder nichts gibt oder es einfach noch nicht an der Zeit ist, dass sie darüber spricht.

Liebe Grüße
Panvie

[Petra]

Hallo Panvie,
vielen Dank für deine schnelle Antwort. Du hast Recht mit allem was du über das Erwachsenwerden von Kindern sagst. Ich weiß das ja auch alles. Trotzdem kriege ich diese doofen Gedanken nicht aus dem Kopf. Ich komme mir schon vor, als ob ich irgendeinen Kontrollzwang entwickele.

Meine Tochter zeigt auch eigentlich keine extremen Verhaltensweisen die du erwähnst. Sie sagt auch, das sie keine Probleme hat und wenn sie welche hätte würde sie schon kommen. Sie bespricht sich auch sehr intensiv mit Ihren Freundinnen. Du siehst, eigentlich sollte ich ganz beruhigt sein und mich um meine eigenen Sachen kümmern. Klappt aber nicht so ganz-

Es tut mir aber schon ganz gut darüber zu schreiben.

Liebe Grüße
Petra

[Panvie]

Das finde ich auch alles völlig verständlich.

Kinder haben im Laufe ihres Lebens mehrere Etappen, wo sie sich von ihren Eltern entfernen und auch wieder annähern. Aber ich möchte dich jetzt nicht mit fachlichen Details langweilen. Es gibt da aber ein paar passende Zeilen, die die Altersabschnitte schön beschreiben:

4 Jahre : Mama weiß alles
8 Jahre : Mama weiß viel
12 Jahre : Mama weiß nicht wirklich alles
14 Jahre : Mama weiß gar nix!
16 Jahre : Wer ist Mama?
18 Jahre : Mama gehört doch zum alten Eisen
25 Jahre : Mama weiß das vielleicht
35 Jahre : Bevor wir das entscheiden fragen wir besser erst Mama
45 Jahre : Ich frage mich wie Mama darüber denkt
70 Jahre : Wie gern' würde ich jetzt Mama fragen können ...

Du kannst uns jederzeit schreiben, wie sich das alles entwickelt. Vielleicht ist das ein gutes Ventil, anstatt mit deinen Sorgen immer gleich zu deiner Tochter zu gehen. Im Endeffekt habt ihr beide etwas davon.