Hallo,
ich stehe hier vor den Scherben einer Beziehung, die schon so lange eher einer WG gleicht und weiß, dass ich hier raus muss, wenn ich ein lebenswertes Leben führen möchte. Denn das, was ich zurzeit führe, ist eine einzige Lebenslüge. Mir und auch allen anderen gegenüber. So kann und will ich nicht mehr weiterleben.
Doch möchte ich nicht die Schuld nur bei meinem Partner suchen, auch ich habe viel dazu beigetragen, dass es so gekommen ist.
Mit achtzehn Jahren wollte ich nur eins: Weg von Zuhause, weg von einer psychisch labilen alkoholkranken Mutter, weg von dem Vater, der mich über Jahre missbrauchte.
Ich brach meine Lehre ab und heiratete den Mann, den ich glaubte zu lieben. Mit 20 bekam ich das erste von drei Kindern. Ich dachte, wenn ich eine eigene Familie habe, dann kann ich die Vergangenheit hinter mir lassen und alles vergessen. Weit gefehlt, aber ich war damals nur dumm und naiv. Mit den ersten Jahren vermisste ich Nähe und Wärme von seitens meines Partners und musste irgendwann begreifen, dass er Emotionen und Nähe gar nicht zulassen kann. Zumindest nicht bei Menschen, die ihm nahestehen. Ich fühlte mich einsam, dachte aber damals, dass es an mir liegt. Alle Versuche, die Beziehung zu verbessern, scheiterten an ihm. Paartherapie durfte ich gar nicht erwähnen, er wollte nicht und war der Meinung, dass doch alles bestens sei. Viel zu spät begriff ich, dass er mit Geld gar nicht umgehen konnte, mich belog und mir immer wieder etwas vormachte. Die Vergangenheit machte sich immer stärker bemerkbar. Ich versuchte, den Kindern eine gute Mitter zu sein, konzentrierte mich ganz auf sie und schluckte alles andere runter. Seine Bedürfnisse ertrug ich, indem ich mich wegmachte. Damals funktionierte das noch. Mehrfach schlug ich eine Trennung vor, doch wenn er dann flehte, es doch bitte weiter zu probieren, gab ich wieder nach. Mir waren auch die Kinder wichtig und ich dachte, dass ich einfach aushalten muss, bis die Kinder groß genug seien.
Die Jahre gingen ins Land, ich erzog die Kinder mehr oder weniger alleine. Alle Konflikte mit ihnen löste ich alleine, er hielt sich aus allem raus. Die finanzielle Situation wurde immer schlimmer. Alle Versuche meinerseits, ihm zu helfen, scheiterten an seiner Sturheit. Zeitweise wurde er so wütend, dass ich Angst bekam und lieber schwieg.
Die Folgen des Missbrauchs wurden immer deutlicher, immer heftiger. Ein letzter Versuch, ihn zu einer Paarberatung zu bewegen (er wusste mittlerweile von dem Missbrauch ) schlug fehl. Ich zog aus dem gemeinsamen Schlafzimmer aus.
Und dann passierte etwas, was mich völlig unerwartet erwischte. 2004 traf ich eine Frau und verliebte mich in sie. Seit Jahren lief zwischen meinem Partner und mir gar nichts mehr und ich war im Grunde froh darüber. Und dann so etwas. Sie hatte auch einiges hinter sich und war genauso überrascht. Ich glaube, das war damals meine glücklichste Zeit. Aber nach zwei Jahren mussten wir feststellen, dass uns trotz einiger Gemeinsamkeiten doch viele verschiedene Lebensauffassungen trennten. Rückblickend weiß ich aber, dass dies eine ganz wichtige Zeit für mich war und ich diese nicht missen will.
Und seit dieser Zeit komme ich nicht mehr auf die Füße. Mein Partner war damals froh, dass ich wieder hier war, aber er hat nicht begriffen, was da passiert war oder wollte es nicht wissen, keine Ahnung. Seit damals weiß er nichts mehr über mich, was ich fühle und denke.
Diese Beziehung ist eine Farce, doch ich komme nicht raus. Nach dieser Sache damals habe ich zwei Jahre komplett von meiner Umwelt zurückgezogen. Ich war nur mit meinem Hund unterwegs (damals war es noch einer, nun sind es zwei) und wollte nicht mehr reden. Mit niemanden mehr. Ich dachte, dass ich alleine zurechtkomme. Weit gefehlt. Und jetzt? Ich versuche gerade aufzustehen und weiterzugehen, ohne ihn, aber vielleicht nicht so ganz alleine....
Danke fürs Lesen.
Wünsche euch einen ruhigen Abend und eine friedliche Nacht.
lonely soul