Hallo Grille,
… hm, habe kurz überlegt, ob ich dir per PN auf deine Nachricht antworten soll. Aber warum eigentlich? Meine Identität kennt hier (hoffentlich auch anhand dessen, was ich geschrieben habe
) sowieso niemand und wenn ich es öffentlich schreibe, gibt es vielleicht noch ein paar Reaktionen, von dir und anderen darauf.
Erst einmal möchte ich auch dir für deine Antwort danken und zugeben, dass ich, so nach der zweiten oder dritten deiner Fragen, hier saß und mir die Tränen liefen. Dabei dachte ich, über die „Heul-Phase“ schon langsam hinaus zu sein. Aber es tut einfach mal richtig gut, hier von jemandem zu lesen, der das alles selbst kennt. Denn meine Freunde im realen Leben, die haben alle gut reden, mit ihrem „schieß ihn doch einfach ab“. Das würde ich wohl auch einfach machen, wenn es sich hier um einen „gesunden“ Menschen handeln würde, denn dann würde ich mir einfach denken: „Ok, der Kerl liebt mich nicht mehr, ist möglicherweise ein ziemliches A...loch und das war’s einfach.“ Aber so einfach ist das hier glaube ich nicht.
Beendet ist ja auch meine Beziehung mehr oder weniger (falls das aus dem Eingangspost nicht so ganz klar wurde). Wir haben einfach – wie du ja auch – noch Kontakt. Mal nach dem Motto „Vielleicht wird es ja noch mal, wir sehen einfach mal, was die Zukunft bringt.“ Mal nach dem Motto: „Definitiv keine Beziehung mehr, aber ich möchte einfach deinen Kontakt nicht missen.“ Ganz nach seiner Lust und Laune könnte man sagen. Nein, eigentlich nicht nur könnte man sagen, sondern definitiv. Der letzte Umschwung vom Ersten auf das Zweite erfolgte nach einer für ihn „schwierigen“ (was auch immer ich mir jetzt genau darunter vorzustellen habe) Therapiestunde. Mit anderen Worten: immer wenn er unter besonderer psychischer Belastung steht – sei’s nun, dass der aus seiner Therapie kommt, aus unserer „Beziehung“ oder sonst aus seinem Alltag – ist eine Beziehung völlig unvorstellbar, sonst vielleicht schon („Wer weiß schon, was die Zukunft bringt?“). Diese ganze Auseinanderentwicklung ging auch bei mir von seiner Seite aus. Dazu dann noch zeitweise mal, dass ich einfach nerve, mal dass er doch nicht gut für mich ist und ich mir doch lieber jemand anderen, in meiner Nähe suchen soll, weil er mir einfach nicht das geben kann, was ich mir wünsche (ah ja, is klar. Und das fällt dann nach so langer Zeit auf?).
Aber kommen wir endlich mal zum Wesentlichen:
„Liebst du diesen Menschen, mit all seinen Problemen?“ – Ja, definitiv. Das bedeutet für mich das Wort Liebe. Den anderen Menschen so nehmen, wie er ist, mit allen Ecken und Kanten und Problemen und sonst was.
„Willst du diesen Menschen in seiner schwierigen Zeit begleiten, auch wenn du nicht wissen kannst, ob sie von Dauer ist?“ – Ja! Wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Bin ich Hellseherin? Aber ich wünsche in allererster Linie ihm, dass ihm seine Therapie hilft und seine Probleme eben nicht von Dauer sind. … Und klar, ein bisschen auch mir selbst. Irgendwo steckt schon noch die Hoffnung dahinter, dass es einmal wieder … ein bisschen mehr Nähe zwischen uns geben wird.
„Könntest du akzeptieren, das dein Weg mit ihm begrenzt seien könnte, er dich aber vielleicht gerade jetzt braucht?“ – Naja, dass der Weg begrenzt ist, haben Beziehungen nun einmal so an sich. Wüsste ich nicht, woher das ganze Hin und Her kommt, wäre wohl auch unser gemeinsamer Weg hier schon zu Ende, aber ich möchte dem Ganzen vielleicht doch noch eine Chance geben, muss aber schauen, dass ich mich dabei nicht selbst völlig kaputt mache.
„Willst du ihm helfen, ihn "retten", ihn "befreien" so das er mit dir eine normale Beziehung führen kann?“ – Ich würde mir wünschen, mit ihm eines Tages wieder eine normale Beziehung führen zu können, ja. Aber retten, befreien oder dergleichen mehr kann ich ihn nicht. Das soll mal schön sein Therapeut machen bzw. er selbst. Ich habe abseits von dem, was ich hier geschrieben habe, auch noch genug Probleme mit mir selbst, die ich irgendwie mal auf die Reihe bekommen muss (und die übrigens wohl auch irgendwie in mein Verhältnis zu ihm rein spielen, aber das nur am Rande).Das soll jetzt aber nicht heißen, dass ich nicht für ihn da wäre, wenn er das wollte. Das habe ich ihm auch schon mehrmals gesagt, aber als Antwort lange nur zu hören bekommen „Meine Probleme haben nichts mit dir / uns zu tun.“. Übrigens spricht er, außer mit seinem Therapeuten und eben in der Therapiegruppe, wohl mit niemandem über seine Probleme, nicht mit Eltern, nicht mit Freunden, einfach mit niemandem. Ich habe zwar seine Eltern nie kennengelernt, musste aber aus seinen eigenen Aussagen schließen, dass die mindestens so wenig, wenn nicht noch weniger als ich über seine Probleme und seine Therapie und alles was damit zusammen hängt, wissen.
„Ist der Mensch mit seinen Problemen, ein Weg für dich "gutes" zutun?“ – Du meinst, ob ich den Kontakt zu ihm nur suche, damit ich jemandem helfen kann? Falls das aus meinen bisherigen Antworten noch nicht deutlich geworden ist: Ganz definitiv nein. Ich suche den Kontakt zu ihm, weil ich ihn liebe und mir eigentlich nur wünsche, die normale Beziehung, die seinerzeit gerade dabei war, sich zu entwickeln, irgendwann wieder „zurück zu bekommen“.
„Lenkt er dich von deinen eigenen Sorgen und Nöten ab, wenn du dich ganz auf ihn konzentrierst?“ – Von meinen Sorgen und Nöten eher nicht. Mir ist im Kontakt mit ihm im Gegenteil eher deutlich geworden, an welchen Stellen in meinem eigenen Leben ich mal kehren und aufräumen müsste. Trotzdem ist es aber schon vorgekommen, dass er mich von wichtigen Dingen in meinem Leben abgelenkt hat. Eine wichtige Prüfung zum Beispiel, die ich nur mit viel Glück, Hilfe und Zuspruch von Freunden nicht in den Sand gesetzt habe. Ich habe das Problem an dieser Stelle aber erkannt und mir vorgenommen, da was zu ändern. Mit wie viel Erfolg wird man noch sehen.
„Tuen die guten Momente dir selber gut und bringen dich "weiter"?“ – Ja, definitiv. Ohne ihn – es tut mir leid, aber ich muss an dieser Stelle wieder eine deiner Aussagen aufgreifen – würde auch ich vielleicht heute nicht mehr leben, oder jedenfalls nicht da stehen, wo ich heute stehe.
„Sind die bösen Momente, tatsächlich so böse oder misst du anhand von der Reaktion Aussenstehender?“ – Sowohl, als auch, würde ich sagen. Es tut schon weh, dieses ständige Schluss – ja – nein – doch nicht. Auf der anderen Seite bin ich mir aber auch sicher, dass viele Dinge anders, vielleicht einfacher wären, wenn da eben nicht dauernd meine Freunde und andere Außenstehende wären, die mir dauernd erzählen, wie negativ doch alles ist, wann ich denn endlich mal aufwachen und einsehen will, dass er mich nicht liebt und vielleicht nie geliebt hat etc. pp.
„Welche Gefühle überwiegen? Gut oder Böse?“ – Keine Ahnung. Wäre ich denn hier, wenn ich das wüsste? Es ist eben mal so und mal so.
„Was bringt und gibt dir der Kontakt mit ihm?“ – Ich denke, das habe ich oben schon ein wenig angedeutet. Er hat mir verschiedentlich schon sehr geholfen. Aber um das genauer zu erklären, müsste ich hier noch sehr viel mehr über mich selbst schreiben, als ich eigentlich möchte.
Dein letzter Absatz hat mir übrigens nach den Tränen vorhin direkt wieder ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Ich danke dir
.
Oh weh, die Antwort ist schon wieder so schrecklich lang geworden. Ob hier wohl noch jemand lesen wird, bei dieser ganzen Textflut
? Aber ich fürchte, das erforderte Grilles Nachricht, vor allem seine Fragen...