Hallo liebe Forumsteilnehmer,
ich habe mal einige Fragen und denke, dass ich hier im Forum ganz gut richtig liege mit der Problematik, die mich beschäftigt.
Ich leide an einer sogenannten Bipolar-II-Störung mit hypomanischen Zügen und depressiven Episoden. Ich leide schon seit rund 10 Jahren an dieser Erkrankung (ich bin heute 25 Jahre alt). Und wie so oft, kam die Diagnose erst vor einigen Monat, also viel zu spät und hat mit einer unipolaren Depression angefangen. Nebenbei leide ich noch an einer Zwangserkrankung mit sehr vielen Zwangsgedanken.
Bei mir fing es an, dass ich sehr oft in der Schule gehänselt wurde. Daraus entwickelte sich eine erste Depression.
Seit rund 10 Jahre läuft in meinem Leben alles drunter und drüber. Abi habe ich geschafft, allerdings mehr schlecht wie recht. Jurastudium angefangen, Hauptstudium abgeschlossen, dann Abbruch wegen psychischer Störung im Mai 2008 und seitdem nicht mehr die Kurve bekommen: Studium nochmal angefangen, wieder abgebrochen, zweimal tagesklinischer Aufenthalt, einmal einen rund 4-Wöchigen stationären Aufenthalt.
Es ist traurig zu sagen, aber seitdem ich mit Medikamenten angefangen habe, funktioniert in meinem Leben gar nichts mehr . Ich bin jetzt auch Hartz-4-Empfänger.
Ich wohne wieder bei meiner Mutter und wir bekommen regelmäßig Krach, weil sie der Ansicht ist, ich mache nichts aus meinem Leben und damit hat sie recht. Ich leide an einer chronischen Perspektivlosigkeit deswegen, da alles was ich anpacke, schief läuft.
Man hat mir immer gesagt: Initiativmangel, Antriebslosigkeit, Interessensverlust: All das seien Kennzeichen einer Depression. Ich wurde allerdings ausreichend mit Antidepressiva behandelt und all diese Symptome gingen gar nicht zurück. Im Gegenteil, sie verschlimmerten sich mit den Jahren. Diese Symptome bleiben auch bestehen, wenn ich gar nicht depressiv bin.
Ich will im folgenden mal versuchen zu beschreiben, wie sich die Symptome aus meiner Sicht darstellen: Ich habe einen typischen Knick in meiner Leistungskurve. Es lief mal gut, mal schlecht. Im Studium konnte ich nur phasenweise Leistung erbringen, allerdings hielt ich mich immer einigermaßen gut über Wasser. Ich war früher ein sehr strebsamer Typ. In der Schule und auch im Privatleben. Ich ging tanzen, ich war ein guter Schüler, ich hatte Lebensziele und viele Freunde. Mein Leben war schön. Aber der 12. Klasse ging es dann los: Leistungsabfall in der Schule, zunehmend weniger soziale Kontakte, Interessensverlust, zunehmende Antriebsschwierigkeiten. In der 13.Klasse bin ich dann ein Jahr zurückgestuft worden wegen mangelnder Leistung. Das Abitur habe ich dann geschafft, allerdings ohne zu lernen, weil ich dazu nicht in der Lage war. Dann bin ich zum Studium nach Berlin gezogen. Phasenweise gut und phasenweise schlecht auch hier. Irgendwann auch hier: sozialer Rückzug, häufiges Aufhalten in eigenen Räumen, homosexuelle Beziehungen immer mit lockerer Verbindung und kurzer Haltbarkeitsdauer. Ich entwickelte zeitweise ein verschrobenes Verhalten:Ich sagte Freunden zum Weggehen zu und hatte dann kein Bock mehr und ging einfach nicht hin zum treffen und sagte nicht mal ab, sondern war für den Abend einfach nicht mehr erreichbar. Stattdessen verkrümelte ich mich vor dem Fernseher mit einer Tüte Chips.
Zu Hause wieder bei meiner Mutter entwickelte ich auch sehr seltsame Verhaltenszüge. Ich bewerfe meine Großmutter mit Kissen, stelle ihr den Strom ab etc. DAs ist für einen 25-jährigen auch nicht normal.
Allgemein lässt sich sagen, dass es mir immer größere Schwierigkeiten macht, ein normales Leben zu führen. Ich entwickle immer weniger Bereitschaft, einem geregelten Leben nachzugehn. Selbst die Körperhygiene fällt mir oft schwer. Ein geordneter Tagesrythmus ist schon lange nicht mehr möglich. Am liebsten freue ich mich auf das Wochenende, wo ich mich mit Freunden treffe. Aber auch das klappt nicht immer.
Im Internet habe ich gelesen, dass man sowas "Negativsymptomatik" nennt und die Merkmale treffen auf mich sehr gut zu. Ich weiß auch, dass Negativsymptomatik bei einer Schizophrenie auftritt. Jetzt fehlen mir aber sowohl der Wahn als auch die Halluzinationen. Aber es gibt eine Art der Schizophrenie, die nur Negativsymptome aufweist: Die Schizophrenia simplex oder blande Psychose. Meine Frage ist: Kann es sein, dass ich neben einer bipolaren Störung auch eine solche Art der Schizophrenie entwickelt habe oder kann es sein, das man auch bei einer bipolaren Störung eine Negativsymptomatik entwickeln kann? Ich dachte so in Richtung schizoaffektive Störung. Ich habe mit meiner Psychiaterin gesprochen, die meinte, dass psychiatrische Diagnosen wandlungsfähig sind. Also: Ja und Nein. Könnt ihr mir sagen, wie ich medikamentös behandelt werden muss? Zur Zeit nehme ich 800 mg Seroquel Prolong und 4o mg Tagonis gegen Zwangsgedanken. Das Tagonis sollte ich eigentlich absetzen, wegen Switchen in verschiedene bipolare Zustände. Ich nehme es aber trotzdem, da sonst die Zwangsgedanken wieder zu stark sind. Ein weiteres Problem ist noch, dass ich auf Medikamente sehr sensibel reagiere. Ich bin sehr müde und habe den Eindruck, dass sich die oben beschriebene Symptomatik noch verschärft. Was soll ich tun? Die Medikamente, die ich nehmen müsste, machen mich schwach und unbelastbar. Das ist eine schreckliche Situation.
Ich wäre für Medikamententipps und Eisnchätzungen meiner Lage sehr dankbar, auch wenn ich weiß, dass eine Ferndiagnose nicht zu stellen ist. Aber darum geht es auch nicht, es interessiert mich euer Erfahrungsschatz.
Im Moment ist es so, dass ich nicht so sehr unter meiner Erkrankung leide, da ich mich irgendwo mit diesem Zustand abgefunden habe
Also meldet euch.
Hg timo