Seite 1 von 1

Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Fr. 02.04.2010, 06:22
von kratzetatze
Aus diesen Tiefen steigen die Worte herauf.
Zunächst in Bröckchen, die keinen Sinn ergeben,
dann immer mehr und mehr.

Diese Worte waren über Jahre mit Steinen beschwert und versenkt,
damit die ja nicht an die Oberfläche finden.
Diese Worte sind die Gefühle, die mehr und mehr überhand gewinnen.
Erschreckende Gefühle, verwirrende und verworene.
Gefühle die Erinnerungen rufen, die man genauso tief zu verbergen glaubte,
in den tiefsten Schluchten der Seele.

Denn die Welt durfe nicht sehen, dass es diese Gefühle noch gab.
Die Welt musste glauben, dass man "mit seiner Krankheit gut zurecht käme",
was auch immer das heißt.
Nur wenn man alles gut verbirgt,
wenn alles schön tief versunken wird,
gelingt es so halbwegs.
So tief, dass man es nicht mehr hervorbringen kann.

Eine Maske muss hier.
________

In dieser Tiefe brödelt es. Es nimmt immer mehr zu. Die Zwangsgedanken lassen sich nicht mehr so einfach ausblenden. Immer wieder vor den Augen sehen, wie der eigene Arm blutet und bereits bei diesem Gedanken eine starke Sehnsucht danach zu verspüren. Über Jahre galt ich als "stabil", oder clean, denn das ist wohl eine richtige Sucht. Der Selbstzerstörungszwang war also aber nicht verschwunden, nicht ausgelöscht, er schlummerte ganz tief verborgen. Ich habe einen Flashback und kann dem nicht mehr entfliehen.

Ich muss unbedingt etwas tretten, zerdeppern, zerreißen, zerschneiden... wenn es nichts anderes gibt, so muss ich selbst dafür halten. Ich habe Angst. Angst, dass ich es nicht mehr alleine hinkriege. Dass ich dann auch auf Hilfe eingewiesen sein werde. Denn es muss immer noch verborgen bleiben. Diese Angst hält mich davon ab, mich selbst zu verletzen. Diese Angst ist jetzt das einzige, was mich dazu bringt noch einen kühlen Kopf zu behalten. Vielleicht wird es besser wenn ich mich voll stopfe? Oder betrinke? Ach ist doch alles der selbe Sch***

Ich glaub, ich verkrieche mich in 'ner Eck under 'ner Deck. Vielleicht finden mich dann diese Gedanken nicht mehr....

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Fr. 02.04.2010, 10:51
von Vanilla
liebe kratzetatse, das Gedicht beschreibt wunderbar, wie es dir gerade geht :respekt:
Ich habe es genauso auch erlebt, als ich 91 mit meiner langjährigen Therapie begonnen habe.
Später schreibe ich dir eine Geschichte dazu, wie ich mein "Erwachen" erlebt habe. Muss sie
erst raussuchen.

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Do. 08.04.2010, 02:34
von kratzetatze
Ich stehe im Drogeriegeschäft vor dem Regal mit Rasierzeugs. Wie gebannt stehe ich da und kann mich nicht bewegen. Ich will die Klingen, ich will sie unbedingt haben und doch darf ich es nicht. Ich weiß, dass ich sie da lassen soll, wo sie sind, dass ich sie benutzen werde, wenn ich die kaufe und am besten ist es weg zu gehen. Aber ich kann es nicht. Nicht um alles in der Welt kann ich mich vom Fleck rühren, es müsste jemand vorbei kommen, jemand den ich kenne, der mich kennt, der nicht sofort austickt, wenn ich ihn darum biete, meine Hand zu nehmen und mich weg zu führen. Denn von eigener Kraft schaffe ich das nicht.

Meine Hand war noch nie so schwer, wie jetzt wo ich sie hebe um die Gillettes runter zu nehmen. Die Finger greifen danach können die Packung aber nicht vom Hacken abziehen. Die 10 dünne Stahlplättchen können aber enorm an Gewicht gewinnen. Ich sammele meine ganze Kraft zusammen und.... wache mit kaltem Schweiß auf der Stirn auf. Es war so real. Und einst war es auch real.

Und was wenn es wieder real wird?

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Mi. 14.04.2010, 10:57
von kratzetatze
Ich befürchte es wird real, wenn nicht bald etwas gescheht. So gerne würd ich selbst diesen Gedanken und die Tiefe folgen.....
:wasser:
Jetzt flippt nicht aus. Ich bin einfach nur zu traurig und werde diese Gedanken und Vorstellungen, wie ich mich selbst schn**de nicht los.
:wasser:

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Mi. 14.04.2010, 11:32
von nera
hi kratzetatze, ich kenne dieses sch.... gefühl nur zu gut. ich weiß man denkt versagt zu haben wenn es dann doch passiert. hast du es schon mit skills versucht? aber ehrlich wenn es passieren sollte ist es nicht der weltuntergang...ach kratzetatze ich würde dir so gerne was aufmunterndes schreiben...bin im gedanken bei dir...fühle dich doll geknuddelt wenn du magst...ach ich bin selber zu verwirrt im moment...:kuesschen:

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Mi. 14.04.2010, 18:22
von kratzetatze
Du hast Recht: Es ist passiert und es ist nicht der Weltuntergang. Es fühlt sich nur im Moment so an. Ich bin in solchen Situationen immer erschöpft und leer. Es braucht dann eine Weile, bis ich mich wieder aufrappele. Ja mein Kopf weiß, dass es jetzt nur darauf ankommt es in Zukunft zu lassen. Aber darüber werde ich auch in der Zukunft denken.
:cry:

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Mi. 14.04.2010, 18:30
von nera
kratzetatze sagt: Es ist passiert und es ist nicht der Weltuntergang. Es fühlt sich nur im Moment so an. Ich bin in solchen Situationen immer erschöpft und leer. Es braucht dann eine Weile, bis ich mich wieder aufrappele.
ach wie sehr kann ich dir DAS nachfühlen...aber kopf hoch...bleib stark...ich weiß wie sch... alles gerade für dich sein muß...ich denke an dich :freunde:

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Mi. 14.04.2010, 18:41
von kratzetatze
Danke Nera, *schniff* ;o)

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Mi. 14.04.2010, 20:07
von nera
ich wünsch dir von herzen das es dir bald besser geht...:inlove:

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Sa. 24.04.2010, 08:51
von kratzetatze
Das ist auch eine Sucht. Eine Sucht nach Schmerz, nach Bestraffung, nach fest verbundenen Unterarmen und dem Zippen der Wunden. Und nach der Erschöpfung, die dem Schneiden folgt: Das Ventil wurde geöffnet, der Druck ist raus und zurück bleibt nur diese Leere und Erschöpfung, die einen beruhigen, die einen betäuben. Und der ganze Mist, der an die Oberfläche kam, versinkt wieder, bis in die Schluchten wieder los lassen.

Es bedürfte eines Impulses, damit die Schleuse sich öffnete und die Sucht zurück kam. Nun ist die Schleuse geöffnet und das Gefühl vom Schmerz, von diesem Zippen und der Erschöpfung erscheint als das schönste auf der Welt. Die Schuldgefühle kommen später und auch die werden so überwältigend sein, dass man glaubt sich auf der Stelle bestraffen zu müssen, doch im Moment ist die Sehnsucht da, zu bluten.

Nein!, ruft der Kopf, bleib hier und jetzt! Und ich will es so sehr. Ich brauche so sehr einen festen Boden. Ich kann doch nicht schwimmen.

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Mi. 09.06.2010, 22:25
von kratzetatze
Ich rutsche ab.........

Ich brauche jemanden, der mich fest hält
:wasser:

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Do. 10.06.2010, 08:43
von senta
:knutroe:

was ist los???

wie gehts Dir grad???

meld Dich!!!

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Do. 10.06.2010, 10:05
von Vanilla
wie geht es dir, kratzetatze? :troest:

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Do. 10.06.2010, 17:52
von kratzetatze
Trigger (?)

Danke euch.

Ich bin grad etwas grogi, hab mich gestern und heute vollgedrönnt mit Diazepam, es war nämlich haarscharf, hab schon alles vorbereitet, inklusive Verbandzeug. Es ist aber nicht passiert, muss die Dinger nachher wegräumen. Jetzt schlafe ich mich aus.

Re: Der Marianengraben der Seele

BeitragVerfasst: Do. 10.06.2010, 20:21
von senta
gut, daß es Dir besser geht,
nochmal gut gegangen, bin ich aber erleichtert,
sch... solche Tiefs!

Und jetzt ruh Dich echt erst mal aus,
hast Du mit jemandem in Deinem Umfeld Kontakt aufgenommen?
Ist jemand für Dich erreichbar, wenn es wieder schlechter geht???

Wär gut, wenn Du Dir da so ein Sicherheitsnetzt einiger Menschen schaffen könntest,
die Dich dann festhalten könnten!
:troest: