Hallo liebes Forum,
gestern habe ich nach längerer Zeit wieder einmal das Kiffen aufgegeben. Eigentlich habe ich nicht gekifft, sondern das Zeugs in einem hochwertigen, medizinischen Vaporizer verdampft. Ich habe damit also quasi die Cannabinoide pur extrahiert. Bei der Verbrennung eines Joints hingegen verglüht ein Teil vom Cannabis bereits im Nirvana, bevor der Wirkstoff überhaupt beim Konsumenten ankommt. Das Gerät war von morgens bis abends in Betrieb. Meine tägliche Dosis war zu letzt so hoch, dass ich damit sogar locker Bob Marley in die Tasche stecken hätte können. Ich kenne in meinem ganzen Bekanntenkreis bisher niemanden, der so viel gekifft hat.
Suchtproblematiken ziehen sich durch mein ganzes Leben. Ob jetzt mit Drogen wie Heroin, Koks, Methadon, LSD, Ecstasy oder Speed, oder ganz andere Dinge, die süchtig machen oder irgendwie ein selbstzerstörerisches Potential besitzen. Ich kann damit nicht umgehen. Innerhalb kürzester Zeit stürze ich dabei in der Regel ab. Das geht ganz fix. Im Fachjargon wird das gerne als „Vorübergehender Verlust der Impulskontrolle“ betitelt. Wahrscheinlich werde ich mich in nächster Zeit um eine Verhaltenstherapie bemühen, um meine zerstörerische, instabile Persönlichkeit in Zukunft ein bisschen besser zu händeln und um außerdem zu lernen, mein Gefühlschaos, beziehungsweise meine Emotionen besser zu kontrollieren und in den Griff zu bekommen.
Mein Cannabiskonsum habe ich längere Zeit als ziemlich harmlos verklärt, oder mir eingeredet, dass es mir gegen zahlreiche, körperlichen wie auch seelischen Beschwerden hilft, ich Cannabis also mehr oder weniger als Medizin nutze. Teilweise hat das auch zugetroffen. So konnte ich damit zum Beispiel besser schlafen, habe gegen Schmerzen weniger Schmerzmittel gebraucht und hatte auch ganz allgemein den Eindruck, dass ich damit mein instabiles Gefühlschaos ein bisschen besser managen und händeln kann und somit manchmal auch ein bisschen ruhiger und verträglicher wurde.
In letzter Zeit, mit steigendem Konsum, hat Cannabis bei mir jedoch immer wieder kleine, tagelang anhaltende Mini-Psychosen getriggert, die dann weit über eine Kiffer-Paranoia hinaus gegangen sind. So war ich zum Beispiel der absoluten Überzeugung, dass mein Nachbar, mit dem ich aufgrund seiner unmöglichen, katastrophalen Pferdehaltung schon öfters im Clinch stand, mich und meinen Mann mit Spionagegeräten überwacht. Ich war der festen Überzeugung, dass er irgendwelche Geräte besitzt, mit denen er uns abhören, aber auch beobachten kann. Teilweise habe ich diese Geräte sogar hängen gesehen.
Bei einer normalen Kiffer-Paranoia geht dieses Gefühl irgendwann wieder weg. Im Nachhinein lässt sich dann darüber lachen. Aber bei mir nahm das kein Ende. Diese abenteuerlichen Geschichten, die ich mir in meinem Kopf zusammen spekulierte, wurden von Tag zu Tag schlimmer. Erst mit Hilfe von Psychopharmaka bin ich nun wieder halbwegs auf den Teppich gekommen. Erst dann konnte ich überhaupt über diese ganze Geschichte gescheit reflektieren. Jedoch bin ich mir immer noch nicht ganz 100% sicher, ob er uns nicht doch irgendwie überwacht hat. Es scheint sich also richtig tief in mich herein gefressen zu haben. Aber wahrscheinlich habe ich mir das alles nur zusammen gesponnen. Was ich jedoch sicher weiß, dass Cannabis dieses Gefühl oder Erleben bei mir jeweils noch verstärkt hat.
Aber das war ja nicht nur mit meinem Nachbarn so. Im letzten Jahr habe ich aufgrund solcher komischer Denkmuster zum Beispiel in kürzester Zeit mehrere Ärzte regelrecht verbraten; vom langjähriger Hausarzt, über verschiedene Schwerpunktärzte, bis hin zum Zahnarzt…. Ich war mir bei diesen Leuten nicht mehr sicher, ob sie es wirklich gut mit mir meinten, beziehungsweise, was genau sie gegen mich im Schilde führten. Es gibt aber noch andere Schlüsselmomente, die mich nun im Nachhinein sehr bedenklich stimmen.
Habt Ihr das selbst auch schon mal beobachtet, dass bei Euch Cannabis lang anhaltende Mini-Psychosen oder solche Denkmuster ausgelöst hat? Früher hatte ich das meines Wissens noch nie. Da ich wegen Cannabis aber nicht auch noch in der Klapse landen will, gab es für mich nun nur noch einen Entschluss. Ich muss in Zukunft wohl von diesem Kraut ganz ablassen.
Ich empfinde Cannabis aber nicht unbedingt als super gefährliche Droge. Alkohol empfinde ich viel schlimmer. Denn die meisten Drogentoten in Deutschland kommen ja vom Alkohol. Und von Cannabis gibt es wahrscheinlich gar keine. Aber dennoch, wenn man ein bisschen instabil und vorbelastet ist, kann Cannabis doch gefährlich werden. Das habe ich nun für mich selbst erkannt. Ich vertrage es offensichtlich nicht mehr.
Da ich ein sehr schwacher, labiler Mensch bin, fällt mir das Aufhören nicht sehr leicht. Ich mache das nun mit dem Online-Programm "Quit the Shit". Dort wurde mir eine nette Sozialarbeiterin von der Drogenberatung Delmenhorst zur Seite gestellt, die mich nun durch das Programm begleitet. Das Programm dauert fünfzig Tage. Ich habe auch früher schon einige Male über längere Zeit mit Cannabis aufgehört. Der Ausstieg ist mir aber bisher noch nie so leicht gefallen, wie nun jetzt über dieses Programm. Von dem her scheint es mir zu helfen. Vielleicht ist das ja auch für den einen oder anderen von Euch eine passende Hilfe, damit dauerhaft aufzuhören. Hier ist der Link: https://www.quit-the-shit.net/qts/start.do Ich will hier aber natürlich nicht auf Moralapostel machen. Denn das bin ich nicht.
Haltet mir bitte alle die Daumen, dass ich durch halte. Herzlichen Dank!