von Ruby » Do. 03.03.2016, 08:26
Guten Morgen Hiddengirl
Ich kann Dir zu Deiner Schwester nichts sagen, zumal ich sie ja nicht kenne und es sowieso ziemlich schwierig ist, bei einem jungen Mädchen im Alter von knapp 13 Jahren (also derzeit 12 Jahre alt) hierzu Aussagen zu machen. Auch die Angabe des BMI würde da nur wenig bringen, zumal dieser bei jungen Teenagern noch nicht wirklich so aussagekräftig ist. Wenn sie sich aber in ihrem Alter mehrmals pro Tag auf die Waage stellt und bereits anfängt in ihrem Kopf die Kalorien zu zählen und dementsprechend auf gewisse Nahrung verzichtet oder generell weniger isst, als der Körper pro Tag braucht, könnte es durchaus möglich sein, dass sie dabei ist, sich unbewusst oder auch bewusst eine Magersucht heran zu züchten. Aber es könnte auch durchaus nur eine Phase sein, die irgendwann wieder vorüber geht. Sie weiterhin genau zu beobachten, ist bestimmt nicht verkehrt. Am besten machst Du erst einmal die Magersucht bei Gesprächen mit ihr nicht zu häufig zum Thema. Denn das könnte sie triggern und darin noch mehr anspornen und bestärken. Beobachte besser mal, wie sich das alles in den nächsten Wochen entwickelt. Vielleicht findet sie dann ja auch wieder zu einem ganz normalen Essverhalten zurück.
Eine Nebendiagnose meiner komplexen Persönlichkeit ist die Essstörung "Anorexia Nervosa", was im Volksmund als "Magersucht" bezeichnet wird. Diese Magersucht hat mich erst vor kurzem ins Krankenhaus katapultiert und nun buchstäblich zum Krüppel werden lassen. Meine ganzen Innereien haben sich durch das Runterhungern so dermaßen verschoben und Schäden in Form eines Vaginal-Darm Durchbruches hinterlassen, wegen dem ich derzeit mit einem künstlichen Darmausgang leben muss. Derzeit ist es noch nicht einmal wirklich absehbar, ob ich jemals wieder vollständig repariert werden kann. Bei der Aufnahme im Krankenhaus konnten die Ärzte sich noch nicht einmal mehr auf Geräte wie Ultraschall verlassen, weil mein Gewicht so gering war, dass der Ultraschall keine gescheite Spiegelung der Organe mehr zugelassen hat.
Leider denkt man als Betroffene nicht oder viel zu wenig an solche Folgekrankheiten. Man sieht nur den Körper oder hat ein ganz bestimmtes Ziel vor Augen und vergisst dabei die Innereien und Organe, die ebenfalls zu diesem Körper gehören und die dadurch ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden. Und so kann man dann enden wie ich, die ich jetzt mit diesem künstlichen Darmausgang klar kommen muss. Ein solches Leben wünscht sich selbst ein Mensch nicht mehr, der ein falsches Selbstbild von sich hat. Denn das kann man dann nicht mehr als Schönheitsideal verklären.
Im Gegensatz zu vielen spindeldürren Magermodels ging es mir persönlich aber gar nicht darum, einem gewissen Schönheitsideal entsprechen zu wollen. Vielmehr war es bei mir wohl eher ein innerer Hilfeschrei meiner Seele und nicht zuletzt wahrscheinlich auch ein Schrei nach mehr Aufmerksamkeit. Aber das mag oder kann bei jeder Magersüchtigen natürlich auch anders sein. Viele eifern ja auch wirklich nur einem falschen Schönheitsideal nach, dass es eigentlich gar nicht zu bewundern gilt.
Es ist jedoch schon mal beruhigend, dass das veränderte Essverhalten Deiner Schwester nun auch bereits Deiner Mutter aufgefallen ist. Sie wird sie sicherlich nun genau beobachten und entgegensteuern, falls sie dünner und dünner wird. Wenn Deine Schwester Dir das nächste Mal erzählt, dass sie Magersüchtige schön findet, dann erzählt ihr von möglichen Konsequenzen. Erzähl ihr ruhig von mir, dem künstlichen Darmausgang, und wohin das alles führen kann. Das findet sie dann bestimmt nicht mehr so schön.
Lieben Gruß
Ruby
"Wenn Dir das Leben eine Zitrone gibt, mach Limonade draus."
"If you change nothing, nothing will change!"