Liebe Foren-Mitglieder, ihr habt hier schon so einige Lebensgeschichten gelesen und ich erwarte von Euch keine aufgezwungenen Statements, tröstende Worte oder Mitleid. Wie Einige von Euch bereits mitbekommen haben, fällt es mir schwer über meine Probleme und Gefühle zu reden oder zu schreiben. Ich habe mich jetzt dazu durchgerungen, meine Geschichte einmal öffentlich zu s hreiben, da ich mir sicher bin, dass es mir gut tut.
Im Sommer 2003, ich war gerade 14, befand ich mich mitten in meiner pubertären, rebellischen Phase. Ich galt zuvor als liebes schüchternes Mädel. Doch davon hatte ich die Schnauze voll, so dass ich mit schwarz lackierten Fingernägeln, zerrissenen Jeans und Nietenschmuck vorallem meinen Vater jeden Tag aufs neue ärgerte. Meine Freundinnen und ich, sie steckten damals noch nicht so tief in der Pubertät, teilten die große Leidenschaft des Sports. Auch mein sechs Jahre jüngerer Bruder war im selben Sportverein und ein richtiges Talent. Das fand vorallem sein Trainer. Dieser Trainer bekam mit der Zeit natürlich mit, dass ich die Schwester bin und auch mit meiner Mutter verstand er sich blendet. Ich fand ihn auch ganz nett. Manchmal war er mir im Ungang mit den Kindern zu streng und ich empfand ihn als perfektes "Opfer" meiner sarkastischen Sprüche, da ich wusste, dass er Spaß vertragen kann. Er nutzte dieses um mir kleine "Strafen" aufzuteilen. Was mit einem kleinen Klaps auf den Hintern oder einem bösen Spruch anfing, nahm für mich eine ungeahnte Wendung. Meine heile Welt zerbrach als ich irgendwann merkte: "Ok, das ist mir jetzt zu viel. Das will ich nicht mehr." Besonders die Zeit während des Trainingslagers an der Ostsee nutze er gerne, denn dann war seine Frau nicht bei. Wie gesagt spitzte sich die Lage immer mehr zu.
Im September/Oktober des selben Jahres fing ich mit der Selbstverletzung an. Selbsthass und Wut über die eigene Dummheit, den scheinheiligen netten Familienvater herauszufordern, waren Auslöser, ebenso innerer Druck und einfach pure Verzweiflung, wie ich damit umgehen sollte. Gute Schulfreundinnen bekamen davon Wind, doch den wahren Grund habe ich ihnen nie gesagt, auch meiner "netten" Klassenlehrerin nicht, die mit der ganzen Sache total überfordert war. Sie erzählte es meiner Mutter, der sagte ich, dass es an der Situation mit meinem Vater lag und versprach, dieses nie wieder zu tun. (Zum Verständnis: als ich mich immer mehr zurück zog und depressiver wurde, fragte mein Vater nie "warum", sondern schrie mich lieber täglich an, wie scheiße ich doch bin und er seine alte normale Tochter wieder haben will. Bis heute weiß er nichts von dem).
Ich hatte Angst mit Jemanden zu reden. Ich dacht, vielleicht habe ich nur was missverstanden und wer würde mir schon glauben...
Die Berührungen wurden mehr, auch sexuelle verbale Anspielungen ("Ich komm mit duschen.", "Ich komm heut Nacht kuscheln). Im Traingslager 2004 geschah ein Unheil... Er hatte sich nicht unter Kontrolle. Wir schwammen in der Ostsee und trieben weiter weg als die Anderen. Nach einem blöden Spruch von mir, zog er mich unters Wasser, so konnte er mich ungesehen betatschen, mir blieb die Luft weg. Seit dem Tag geh ich nicht mehr in öffentliche Gewässer und beim Duschen ertrag ich es nicht, wenn Wasser über mein Gesicht strömt.
Ich verletzte mich weiter ohne das es Jemand merkt (es gab dazwischen aber auch Monate, in denn ich es nicht brauchte).
Irgendwann wollte ich mich wirklich gegenüber Schulfreundinnen äußern, als ich ihn meine Probleme erzählte kam großes Gelächter nach dem Motto: Haha so ein alter Sack steht auf dich. Ich fühlte mich bestätigt, dass mich keiner versteht. Neben dem seelischen Schmerz kam körperliches Leiden (vermutlich psychosomatisch) hinzu, Probleme im Kniegelenk. In Sachen Sport musste ich kürzer treten.
Im Jahre 2005 wurde es immer unerträglicher. An einem Abend, wieder mal im Trainingslager, fing er mich nachts vor meinem Zelt ab. Er griff meinen Arm, zog mich fest an sich ran. Ich hasste seine rauen Hände, seine Kraft und von seinem üblen Körpergeruch wurde mir schlecht. Er küsste mich und atme so tief ein und aus.. Ich konnte seine Erregung spüren.. und mich losreißen. Die ganze Nacht habe ich kein Auge zu gemacht. Am nächsten Morgen wollte ich gleich eine Runde mit dem Fahrrad drehen, er hielt mich wieder fest und wollte mich mit unter die Dusche schleifen...
Als wir wieder zu Haus waren, stieg ich endgültig aus dem Verein aus.
Doch in einer Kleinstadt läuft man sich halt oft über den Weg und auch heute noch, wenn ich in der Heimat bin, habe ich Angst, dass er sich doch noch das holt, was er immer wollte.
Ich habe mich bis 2009 selbstverletzt, meistens ausgelöst durch Flashbacks. Als ich meinen Freund kennen lernte, habe ich von einen auf den anderen Tag damit aufgehört.
Er, meine Mutter und auch mein Bruder wissen mittlerweile die grobe Geschichte. Nur wie es manchmal in mir aussieht nicht. Gerade nach Flashbacks. Aber ich führe ein ganz gutes Leben mittlerweile. Nur der ganze alte Kram muss mal raus!!!
An dieser Stelle mach ich erstmal schluss, ich bin müde...