Heroinsucht und -entzug

Es geht hier sowohl um stoffgebundene Süchte und Abhängigkeiten (wie Alkohol- und Drogenmissbrauch) und nicht-stoffgebundene Süchte wie Verhaltenssüchte (z.B. Internetsucht, Kaufsucht, Spielsucht etc.), als auch um Zwangsstörungen (Zwangshandlungen und Zwangsgedanken/-ideen).

Heroinsucht und -entzug

Beitragvon Turkey » Do. 05.01.2006, 18:04

Suchtentwicklung

Die Gefahr, eine Opium-Sucht zu entwickeln, ist bei kontrolliertem mäßigen Gebrauch vergleichsweise gering und ein allfälliger Entzug nicht allzu schwer. Anders verhält es sich mit Morphium und Heroin. Auch wenn die Substanzen nicht gespritzt werden, setzt bald eine psychische und physische Sucht ein. Während die Droge anfangs noch wegen der als kaum steigerbaren Glückseligkeit, die sie hervorruft, genommen wird, so setzt schon bald eine Gewöhnung ein. Der Rausch wird immer mehr als Normalzustand gesehen, der bei seinem Ausklingen unangenehme Entzugssymptome hinterlässt, die vor allem von Schmerzen und Depression geprägt sind. Ein neuerlicher Rausch wird somit als Erlösung von den Entzugssymptomen empfunden und der Süchtige kann sich nur mehr während seinem Rausch halbwegs wohl fühlen.


Entzugssymptome

Bei einer ausgeprägten Heroinsucht, wie sie sich z.B. bei intravenöser Injektion je nach anfänglicher Häufigkeit der Einnahme und Dosierung nach einigen Wochen bis Monaten bildet, breitet sich rund 12 Stunden nach der letzten Einnahme sehr großes Unbehagen aus und der Süchtige wird nervös. Ab etwa diesem Zeitpunkt bestimmt normalerweise nur noch die Suche nach Heroin sein Denken. Versucht er einen Entzug, folgt meist ein unruhiger Schlaf, der einige Stunden anhält. Nach etwa 20 Stunden setzen die Entzugssymptome in voller Stärke ein. Die Pupillen erweitern sich und die Haut wird blass und Kalt. Wegen der oft auftretenden Gänsehaut und der kalten Haut beim Heroinentzug hat sich in den USA dafür auch der Begriff "Cold Turkey", zu deutsch "kalter Truthahn", eingebürgert. Fast unerträglich wird der Entzug durch die auftretenden Gelenksschmerzen und Krämpfe. Aufgrund von Magen- und Darmkrämpfen wird meist regelmäßig Erbrochen und der Darm entlehrt, was den Körper zusätzlich schwächt. Die Entzugserscheinungen sind nicht nur unangenehm, sondern können im Extremfall auch zum Tod führen.

Ist bei einem der Punkt erreicht, wo ein Entzug derartige Erscheinungen hervorruft, stehen die Heilungschancen sehr schlecht. Trotzdem sollte ein Entzug unbedingt versucht werden, da sich mit jeder weiteren Dosis die Wahrscheinlichkeit verringert, je wieder ohne Heroin leben zu können.


Entzug

Um schwer Heroinabhängigen zu helfen, gibt es verschiedene Methoden des Entzug. Ein Entzug in Eigenregie ist meist zwecklos, da spätestens wenn die Entzugssymptome in voller Stärke einsetzen, auch ein von natur aus willensstarker Mensch, kaum noch die Kraft aufbringen kann, weiter abstinent zu bleiben. Auch der Entzug mit Hilfe der Familie ist meist nicht sehr zielführend, da die Angehörigen oft das extreme Leiden ihres Familienmitgliedes nicht ertragen können. Zu der großen Belastung der Angehörigen kommt noch die Gefahr, dass sie im kritischen Moment schwach werden und dem Süchtigen auf irgendeinem Weg zu einer neuerlichen Heroindosis verhelfen. Gespritzt reicht nämlich schon eine kleine Menge, um innerhalb weniger Minuten sämtliche Entzugserscheinungen abklingen zu lassen.

Die besten Erfolgsaussichten bestehen, wenn man sich in die Hände von Ärzten gibt und am besten für längere Zeit in einer geschlossenen Anstalt bleibt. Doch auch hier kann man nur von relativ guten Heilungschancen sprechen. Rückfallquoten werden mit 50& bis weit über 90% angegeben.


Methoden

Man kann grob 3 Entzugsmethoden unterscheiden:

1. Totalentzug: mit oben genannten Entzugserscheinungen und Gefahren

2. Langsame Reduktion der Dosis

3. Die Verabreichung von Ersatzdrogen (z.B. Methadon)

Der Totalanzug wird in staatlichen Entzugsanstalten wegen seiner großen Gefährlichkeit kaum noch angewandt. Auch die langsame Reduktion der Dosis ist sehr problematisch, da es in den meisten Staaten auf Grund der Gesetzeslage nicht möglich ist, den Süchtigen Heroin auf Rezept zu verabreichen. Somit ist der Heroin-Abhängige weiterhin auf den Schwarzmarkt angewiesen, was es zusätzlich erschwert, ihn von der Drogen-Szene fern zu halten. In den meisten europäischen Staaten können jedoch Ersatzdrogen, wie Methadon, verschrieben werden. Das synthetische Opioid Methadon kann die Entzugssymptome völlig unterdrücken, was dem Süchtigen die Möglichkeit gibt schnell ins normale Leben zurückzukehren und ihn vor allem aus der Drogenszene lösen soll. Durch die Verabreichung von Methadon, das oral eingenommen zwar die Entzugssymptome lindert, jedoch kaum euphorisierend wirkt, soll dem Abhängigen auch das Spritzen abgewöhnt werden. Da es aber in der Szenen bekannt ist, dass Methadon gespritzt ähnlich wie Heroin wirkt, gehen viele Süchtige nach anfänglichen Erfolgen dazu über, Methadon zu spritzen. Ein weiterer Schwachpunkt ist, dass Methadon nicht wirklich "clean" macht, da es beim Absetzen dieselben Entzugssymptome hinterlässt wie Heroin. Klappt der Heroin-Entzug, muss die Methadon-Dosis nach einiger Zeit bei gleichzeitiger Gabe verschiedener Schmerzmittel und langsam verringert werden.


Alternative Methoden

Ähnlich den anonymen Alkoholikern gibt es auch Selbsthilfegruppen für Heroinabhängige. Auch in öffentlichen Entzugsanstalten versucht man immer mehr einen Mittelweg zu gehen. Während sich die staatliche Hilfe früherer auf die Kontrolle des Entzugs, also auf Verhindern einer weiteren Einnahme der Droge, beschränkte, wird heute vor allem auf Psychotherapie gesetzt, die in erster Line in Form von Gruppengesprächen abläuft. Die Heroin-Abhängigen sollen zusammen einen Weg aus ihrer Sucht finden und ehemalige Junkies, die diesen Weg schon gefunden haben, nehmen eine Vorbildfunktion ein. Als Begleitmaßnahem werden neben verschiedenen Präparaten zur Linderung der Entzugssymptome auch Kreislaufmittel verabreicht. Der gestörte Stoffwechsel muss langsam durch Diäten wieder normalisiert werden.

Die Sucht selbst wird heute immer weniger als Krankheit gesehen, sonder vielmehr als Symptom. Somit ist der Süchtige noch nicht geheilt, wenn er einige Wochen kein Heroin gespritzt hat, sondern erst wenn die Umstände, die zu seiner Sucht geführt haben, erkannt wurden und mögliche Lösungswege gefunden sind.
Einen besonderen Stellenwert nimmt die Beschäftigungstherapie und das Finden neuer Interessen ein. Dem Süchtigen, für den oft jahrelang die Beschaffung von Heroin das einzige wichtige Thema war, muss ein Lebensinhalt gegeben werden. Meist war es ein konkretes Ziel, das den ehemals Abhängigen die Kraft gab, nach einem stationären Aufenthalt weiterhin clean zu bleiben und ein normalen Leben zu führen.


Lebenslang süchtig?

Prinzipiell ist ein Entzug nur möglich, wenn der Süchtige sich seine Sucht eingesteht und bereits ist, die unangenehme Entwöhnung zu versuchen. Weiters ist ein eiserner Wille notwendig. Nach der Entlassung aus einer Entzugsanstalt ist der Entzug noch lange nicht abgeschlossen. Oft ist es ein kurzfristiges Gemütstief, das den vermeintlich Geheilten dann doch wieder zur Nadel greifen lässt. In einem solchen schwachen Moment braucht er unbedingt Menschen, die ihn auffangen. Ohne Hilfe von Freunden und Angehörigen ist ein Ausstieg fast unmöglich.




Erfahrungsbericht eines Entzugs, geschildert von De Ropp:

Etwa zwölf Stunden nach der letzten Dosis Morphium oder Heroin beginnt der Süchtige, unruhig zu werden. Ein Schwächegefühl überkommt ihn, er gähnt, erschaudert und schwitzt gleichzeitig, während ihm eine wässrige Flüssigkeit aus den Augen und durch die Nase rinnt, was ihm vorkommt, als 'liefe heißes Wasser' in den Mund empor. Für ein paar Stunden fällt er, sich ruhelos wälzend, in einen abnormen Schlaf, den die Süchtigen als 'Gierschlaf' bezeichnen. Beim Erwachen, 18 bis 24 Stunden nach Einnehmen der letzten Dosis, betritt er die tieferen Regionen seiner 'persönlichen Hölle'. Das Gähnen kann so heftig werden, dass er sich die Kiefer verrenkt. Aus der Nase fließt ein dünner Schleim, die Augen tränen stark. Die Pupillen sind sehr erweitert, die Haare auf der Brust sträuben sich, die Haut selbst ist kalt. Sie wird zu einer extremen Gänsehaut, welche die Süchtigen Nordamerikas treffend als cold turkey (wörtlich kalter Truthahn - wegen der eigenartigen Oberfläche des Kammes dieser Tiere) bezeichnen; der Jargon-Ausdruck wird auch für die Entziehung selbst gebraucht, wenn man sie abrupt und nicht durch allmähliche Reduzierung der Dosis durchgeführt wird.

Der Zustand des Kranken verschlimmert sich zusehends, denn seine Därme beginnen mit unerhörter Gewalt zu arbeiten. Die Magenwände zeihen sich ruckweise stark zusammen, und verursachen explosives Erbrechen, wobei oft auch Blut mit austritt. So gewaltig sind die Kontraktionen der Eingeweide, dass der Leib außen ganz geriffelt und knotig aussieht, als seien unter der Haut Schlangen in einen Kampf verwickelt. Die starken Leibschmerzen steigern sich rapid. Der Darm wird immerfort entleert, so dass es bis zu 60 wässrigen Stuhlgängen am Tag kommen kann.

36 Stunden nach seiner letzten Dosis ist der Süchtige völlig am Ende. In verzweifelten Versuchen, die Kälteschauer, die seinen Körper quälen, zu mildern, legt er sich sämtliche Decken über, die er finden kann. Der ganze Körper wird von Zuckungen geschüttelt, und seine Füße machen unfreiwillig tretende Bewegungen, für die die Süchtigen den makaberen, aber höchst anschaulichen Ausdruck kicking the habit (wörtlich: "Die Gewohnheit wegtreten") geprägt haben.

An Schlaf oder Ruhe ist während der Entziehung nicht zu denken. Schmerzhafte Krämpfe der gesamten Körpermuskulatur werfen den Sterbenskranken unaufhörlich umher. Nicht selten fängt er entsetzlich zu brüllen an. Am Ende dieses Stadiums passiert es nicht selten, dass er sich in seinem eigenen Erbrochenen und seinen eigenen Exkrementen wälzt und völlig vertiert wirkt.

... Es darf deshalb nicht verwundern, wenn selbst erfahrene Ärzte (geschweige denn befreundete Helfer) gelegentlich schwach werden, weil sie - nicht zu Unrecht - um das Leben ihres Patienten fürchten. Schon die kleinste Dosis Morphium oder Heroin schaltet die die scheußlichen Symptome aus. Es ist ein dramatisches Erlebnis zu beobachten, wie ein jammervoller, elender Mensch, sobald ihm etwas Morphin intravenös eingespritzt wurde, eine halbe Stunde später rasiert, sauber, lachend und scherzend vor einem steht.
Turkey
 

Re: Heroinsucht und -entzug

Beitragvon sissi » Di. 31.08.2010, 01:59

mal ein text wo der absoluten wahrheit entspricht!!!!!! TOP
sissi
 


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