Hallo liebes Forum, ich heiße Tommy und komme aus Niedersachsen. Mehr möchte ich erstmal nicht weiter von meiner Person Preis geben, habe aber ein ernsthaftes Anliegen, welches mir sehr am Herzen liegt und es an meinen Nerven immer mehr zehrt.
ich hoffe das mein Anliegen hier im richtigen Bereich steht und hoffe auf aufmerksames sowie vollständiges Lesen meines Beitrags. Zu dem würde ich mich freuen, wenn sich auch einige Experten zu Wort melden könnten, um auch eine fachliche Meinung zu erhalten, zu dem, was ich gleich zu sagen habe.
Gleich vorweg, es geht nicht um mich persönlich, sondern um meinen Vater. Der, wie ich glaube, ein ernsthaftes Problem, ein unbewusstes Leiden hat, welches ihm aber in keinster Weise bewusst ist.
Auch möchte ich noch sagen, bevor es los geht, dass mein Beitrag auf den ersten Blick vielleicht ein wenig lächerlich wirken mag, im Vergleich zu den Sorgen und Problemen anderer Menschen. Doch kann ich euch versichern, dass es für mich und wenn ihr alles sehr genau lest, ganz und gar nicht lächerlich ist.
Folgendes: Mein Vater ist Jahrgang 1953 und im Januar 62 Jahre alt geworden. Was ihn betrifft, da ist er nun mit seinen 62 Jahren scheinbar auf seinem Höhepunkt angelangt, was nur noch schlimmer werden kann, wenn er ab nächstem Jahr vollständig in Rente und zu Hause ist. Und davor habe ich große Angst.
Ich versuche in einfachen Worten alles zu beschreiben, damit es jeder auch nachvollziehen kann, was ich meine.
Mein Vater hat seinen Lebenswillen, seine komplette Lebensfreude und alles was da zu gehört verloren. Es fing mal alles sehr sehr langsam an, ca mit 55/56 begann es, und wurde Jahr für Jahr stärker und schlimmer. Die letzten 2 Jahre jedoch, da ging es steil bergab mit ihm und er gab regelrecht Gas, diese Lebenseinstellung zu ihrer Vollendung zu führen.
Mein Vater ist 62 Jahre alt, jedoch im Kopf und Geiste schon 100, schlimmer gesagt, sein Kopf und Geiste hat er längst beerdigt. Ich übertreibe hier wirklich nicht, stellt es euch einfach so vor, dass nur noch sein Körper anwesend ist, alles andere aber schon tot zu sein scheint in ihm.
Er hat keinen Funken Lebensfreude mehr in sich, keinen Humor mehr, zeigt keine Regung mehr am Leben überhaupt noch Teil nehmen zu wollen, geschweigenden Spaß am Leben überhaupt noch haben zu wollen.
Menschen, die das alles noch haben in seinem Alter oder bereits viel älter als er sind, sind in seinen Augen nicht normal und Spinner.
Mein Vater möchte in jeder Hinsicht nur noch eines, nämlich seine Ruhe. Er möchte eine unendliche Ruhe und Stille haben, und das überall. Wird er aus dieser gerissen, wird er sehr launisch und zornig. Mit den Jahren ist er auch überempfindlich geworden. Bellt mal unser Hund im Wohnzimmer, schreit mein Vater durchs ganze Wohnzimmer - Halt die Fresse -. Hört er nicht auf, packt er ihn so gar grob irgendwo, so das unser Hund schon oft aufjaulen musste.
Das selbe ist draußen beim Gassi gehen. Macht unser Hund nicht genau das, was mein Vater will, schreit er ebenfalls den halben Wald zusammen, so das sich schon oft Leute umgedreht haben und einfach nur mit dem Kopf schütteln mussten. Auch wird er draußen dann auch wieder handgreiflich gegen unseren Hund, nicht extrem, aber es reicht, das er aufjaulen muss.
Fahrradfahrer, die nicht so fahren wie er es möchte oder wie es richtig ist, denen schreit er ebenfalls hinterher und spielt Dorfsheriff. Das gleich gilt für Autofahrer oder parkende Autos.
Brennt zu Hause einmal irgendwo eine Lampe zu lange, schreit er ebenfalls wie ein Verrückter und regt sich sofort über den Strom auf, selbst wenn die Lampe gerade mal 2 min. brannte. Liegt in der Küche irgendwo ein Löffel falsch, meckert er gleich drauf los, als gäbe es kein Morgen. Hat meine Mutter den Fernseher nicht so ausgeschaltet, wie er es immer tut, schreit er ebenfalls wieder rum, mit den Worten: Welche S.... war hier schon wieder bei.
Das alles waren auch schon seine einzigen Regungen, die er noch hat und zeigt.
Sonst liegt er nur auf dem Sofa, den ganzen Tag, und schaut sich den gesamten Tag nur Liebes/Heimat Schmonzetten ala Rosamunde Pilcher, Sturm der Liebe, Traumschiff und ähnliches an. Nachrichten sind auf gut deutsch gesagt schon zu laut, aufregend, zu unterhaltsam und zu geistreich für ihn. Hält meine Mutter das mal nicht aus, sondern möchte auch mal etwas anderes gucken, wie den Tatort zb, dann lässt mein Vater sie einfach alleine im Wohnzimmer sitzen und zieht beleidigt in den Keller ab, um dann dort in aller Ruhe sich seiner heilen Liebeswelt hinzugeben. Nicht merkend, dass er dabei jede Minute gähnen muss.
Ja, mit dem gähnen ist das so eine Sache. Er weiß nämlich selbst gar nicht warum und wie oft er gähnt. Mein Vater braucht nur gerade erst aufgestanden zu sein, da gähnt er auch schon wieder. Er gähnt also morgens, er gähnt vormittags, er gähnt nachmittags - er gähnt den gesamten Tag. Wenn er auf dem Sofa vor seinen Liebesfilmen hockt, nein liegt, muss man wirklich ohne zu übertreiben genauer hinsehen, ob er überhaupt noch atmet bzw lebt. Er liegt da lang, mit ganz kleinen Augen und atmet kaum. Die einzige Regung dabei, ist ein Gähnen dann mal wieder, welches so laut und schon provozierend wirkt, dass man es durchs halbe Haus schon hören kann.
Meine Mutter leidet sehr unter meinem Vater und ihrem Ehemann, auch wenn sie es sich selbst nicht eingestehen will. Sie nimmt ihn oft in Schutz. Doch spätestens, wenn sie von ihrem Frauentreff, ihrem Hobby oder ihrer Freundin kommt, wird ihr die Realität wieder bewusst und sie erzählt meinem Vater den halben Abend was die anderen Frauen mit ihren Ehemännern mal wieder alles so gemacht haben, noch vor haben, und überhaupt wie lebenslustig deren Männer noch sind. Doch das interessiert meinen Vater nicht. Er hört sich das ganze regungslos und desinteressiert an, bis zu dem Moment, wo er dann laut stark meine Mutter wieder anschreit und brüllt: Dein Geblubbere hält ja keiner aus.
Das er niemals freiwillig mit meiner Mutter ausgehen würde oder möchte, muss ich wohl nicht extra erwähnen. Wenn sie mit einer Freundin ausgeht, heißt es von ihm vorher nur: Schau, deine Mutter geht wieder trallern, weil sie ausgeh süchtig ist. Dabei geht, wenn überhaupt, meine Mutter nur ein, zwei mal im Monat aus. Das ist für meinen Vater schon zu viel, denn alle Leute, die den Wunsch nach ausgehen haben, sind bei ihm nicht normal, sondern sind gestört. So wortwörtlich er mal.
Könnt ihr bis hier ungefähr nachvollziehen, was ich meine?! Das alles nagt auch immer mehr an meinen Nerven, und es tut mir selber weh, ihn immer so zu sehen und zu erleben.
Es nagt an meinen Nerven, weil meine Mutter sich das alles mehr oder weniger gefallen lässt, sie tut nichts dagegen. Es nagt an mir, weil alle, die ich kenne, alle Mitmenschen, alle anderen Väter genau das Gegenteil von meinem Vater sind.
Selbst in der eigenen Familie war und ist keiner so, wie er. Mein Großonkel (85 Jahre alt), sein Bruder und mein richtiger Onkel (65 Jahre alt), meine Oma und seine Mutter (83 Jahre alt) - alle von denen sind das genaue Gegenteil von meinem Vater. Selbst die Menschen, die weit über 80 Jahre alt sind, haben mehr Lebensfreude und mehr Energie als er. Selbst zu Fuß bewegt sich mein Onkel von 85 Jahren schneller noch als mein Vater, und er lacht und besitzt Humor dabei.
Und bevor ich zu meinen Fragen komme, muss ich noch erwähnen, dass sich mein Vater von nichts erholen muss oder so und darum seine Ruhe nur noch haben will. Im Gegenteil, wenn er bis zum Herbst immer arbeitet, ist es nicht ganz so schlimm, obwohl schlimm genug bereits, als wenn er ab November, wie auch in diesem Jahr wieder, in der langen Winterpause steckt und zu Hause ist bis April/Mai.
Mit anderen Worten, seit November ist er schon wieder zu Hause und er tut nichts anderes als Liebesfilme schauen und meckern den ganzen Tag. Er müsste also Energie ohne Ende haben. Doch er will scheinbar gar nicht mehr Leben. Denn das eigentliche Leben, scheint für ihn viel zu laut, viel zu aufregend und unterhaltsam zu sein. Alles Begriffe, die wie Gift in ihm sind und von denen er nichts hören oder wissen will.
Frage an die Experten hier: Hat mein Vater ein ernsthaftes Problem? Wenn ja, was könnte es sein?
- Kann man ihm überhaupt helfen, die Lebensgeister wieder zu wecken? Kann man ihm überhaupt helfen, wenn der Einzige, den das wirklich interessiert, was mit ihm los ist, nur ich bin? Meine Mutter wird immer gleichgültiger, schaut nur noch zu und ihr ist es egal geworden, was oder wie sich mein Vater und ihr Ehemann verhält. Das bröckelt immer nur dann leicht ein, wenn sie wie gesagt mal von irgendwelchen Treffen zurück kommt und ihr mal wieder klar geworden ist dabei, wie andere Menschen in ähnlichem oder älterem Alter durch die Bank weg so sind und wie die sich verhalten.
- Die wichtigste Frage jedoch lautet und weil ich es selbst begreifen möchte, wie sich ein Mensch freiwillig so verhalten kann und es auch möchte: Was könnte die Ursache für sein Verhalten sein, für so eine Veränderung? Irgendwo muss das doch her rühren, dass mein Vater mit 62 Jahren erst, nun vollständig jeglichen Lebenswillen und jegliche Lebensfreude verloren hat und er sich freiwillig so viele, viele Jahre älter und sogar schon Scheintod macht??
Geerbt hat er es wohl nicht! Keiner in seiner Familie, nicht mal sein Vater als er noch gelebt hat, waren jemals so oder ist so. Und das obwohl manche in seiner Familie bereits weit über 80 Jahre alt sind.
Doch woher rührt dann so ein Verhalten? Oder ist es wohl möglich ganz normal und ich mache mir zu große Sorgen? Aber, das kann doch nicht normal sein, oder? Wie gesagt, habe furchtbare Angst, wenn er ab nächstem Jahr vollständig in Rente geht und nicht mal mehr im Sommer zur Arbeit muss.
Wie wird er dann bloß erst werden??
Ich hoffe hier wirklich auf einige Ratschläge und Meinungen, und schön wäre es auch, wenn sich einige Experten zu Wort melden könnten, die mir vielleicht sagen können, ob mit meinen Vater alles ok ist oder er tatsächlich ein Problem zu haben scheint, auch wenn für ihn selbst die Welt in Ordnung ist.
Danke schön erstmal