
das ist mein erster (langer) Beitrag und leider startet er gleich mit einem Thema, mit dem ich mich schon immer auseinander setzen muss.
Ich habe wie im Vorstellungsthread schon erwähnt, gerade eine sehr schwere depressive Episode in meinem Leben durchlebt, habe einige Schicksalsschläge erleben müssen und dazu mit einer phobischen Störung umgehen müssen. Das alles habe ich dank einer jahrelangen Verhaltenstherapie, verbunden mit zwei Klinikaufenthalten und mit der Hilfe meines Freundes gut verarbeitet bzw. einen besseren Umgang gelernt.
Mir geht es gut.



Jedoch merke ich, vor allem in meinen Träumen, dass ich mich noch um ein besonderes Thema kümmern muss. Ich wünsche mir auch dafür Frieden und Wiederherstellung meiner Kräfte.
Es betrifft meine Mutter.
Sie ist schon immer ein sehr egozentrischer Mensch gewesen. Kurzbeschreibung: Sie redet sehr viel über sich, zu viel. Andere lässt sie kaum zu Wort kommen. Wenn, dann verarbeitet sie das für sich, bezieht Dinge auf sich, erkennt an dem Gesagten nur, was für sie zählt und übereinstimmt, sodass permanent der Eindruck entsteht, dass sie niemandem zuhört, nie auf andere achtet und auch keine andere Meinung zählt.
Egal wie ernst das Thema ist. Ein Beispiel dafür: Ich bat sie vor einigen Tagen, mich anzurufen, wenn sie Zeit hat, um ihr mitzuteilen, dass ihr Enkel ein Junge wird. (Das ich schwanger bin, wusste sie schon, darüber freute sie sich sehr.) Ihre Reaktion darauf war: "Hmm, ja, du ich glaube bei dem letzten Update meines Handys ist was schiefgelaufen [...5 Minuten nur davon erzählt...] Ich hab jetzt eigentlich gar keine Lust zu telefonieren."
Meine Therapeutin hat mich schon mehrfach bestätigt. In der Welt meiner Mutter existiert nur sie. Oft reagiert sie auf Außenstehende (auch mich als Tochter) mit Ablehnung, teilweise Herabwürdigung und Misstrauen in die Fähigkeiten anderer.
Das Schlimme daran ist, dass es ständig wechselt. Einen Moment lang, ist sie für mich da, lässt mich Vertrauen aufbauen, Hoffnung haben, jetzt endlich mal eine verlässliche Aussage zu haben, eine Basis. Und im nächsten Moment existiere ich nicht mehr für sie. Und das ist schon seit meiner frühesten Kindheit so. Sie zieht mich ran und stößt mich weg, ganz wie es ihr gefällt, egal wie es mir geht/ging.
Geblieben ist Wut und Trauer, ich verarbeite das wie gesagt in Träumen, die teils sehr heftig sind und Gesprächen mit der Therapeutin und meinem Freund.
Nun werde ich selbst Mutter. Ich wohne schon seit Jahren weit weg von zuhause und bin darüber sehr froh. Ich habe Abstand zu ihr und dem teilweise ebenfalls anstrengenden Rest der Familie nehmen können, habe meine Psyche wieder stabilisiert und fühle mich bereit dazu, ein Kind zu haben, zusammen mit meinem Freund.
Wir sind uns der Verantwortung sehr bewusst, auch das unterstellt sie mir gern. Sie spricht auch nur von mir, als wäre ich alleinerziehend, so wie sie es mit mir und meinem jüngeren Bruder war.
Ich erkenne das Verhalten. Ich versuche zu akzeptieren, dass sie nie die Mutter sein wird, dich ich gebraucht hätte. Ich versuche zu akzeptieren, dass ich sie nicht ändern werde.
Ich will einen Weg finden, mein Kind zu beschützen. Ich stand selbst als Kind zwischen Mutter und meiner Oma. Ich vertraue meiner Mutter nicht. Schon gar nicht, wenn es um mein eigenes Kind geht, ich weiß, sie würde auch mein Baby zurückstoßen, wenn es einen Grund dafür gibt. Kurz bevor ich schwanger wurde, habe ich den Kontakt zu ihr abgebrochen. Die Frage, die sich mir stellt ist: darf ich meinem Kind die Oma entziehen? Mein Freund und ich sind für das Kindeswohl verantwortlich. Ich weiß, dass es sehr anstrengend ist, zu sehen, wenn die eigene Mutter weint und auch den Grund zu wissen, eben dazwischen zu stehen.
Zudem hat sie mir heute mitgeteilt, dass sie, sollte ich erneut an einer Depression erkranken oder an der berühmten Schwangerschaftsdepression leiden, dass Kind zu sich nehmen will. o-Ton: "Auf keinen Fall in so eine fremde Pflegefamilie. Das Kind soll ja in der Familie bleiben." Das war mehr oder minder keine Frage ihrerseits.
Ich frage mich wiederum, in was für eine Ecke sie mich eigentlich stellt? Mein Freund und ich werden IMMER für unser Kind da sein. Und sollte es mir wirklich schlecht gehen und meinem Freund auch, dann würden wir uns immer Hilfe suchen und alles versuchen und das Kind niemals darunter leiden lassen.
Ihre Aussage erinnert mich schmerzlich an einen Moment, als ich mit starken Rückenschmerzen in einer Notfallaufnahme lag und mich nicht bewegen konnte. Hilflos lag ich da, als eine Schwester kopfschüttelnd meine Akte/Krankheitsgeschichte las und meinte: "Wie können Sie mit Ihren Depressionen bloß ans Kinder kriegen denken? Ich sehe hier jeden Tag misshandelte Kinder von überforderten Eltern.Ts." Das fand ich ungeheuerlich. Ich konnte gar nichts sagen damals. Habe mich hinterher schriftlich beschwert und eine Entschuldigung seitens des Krankenhauses bekommen.
Wie dem auch sei, ich wüsste gern, ob es hier jmd. gibt, der Ähnliches erlebt hat und wie er/sie damit umgeht. Und auch gern Anregungen, wie ich damit umgehen kann.
Ich sehe bisher zwei Möglichkeiten: 1. Die Umstände akzeptieren, Grenzen setzen, wenn nötig und mir möglich in dem Moment (manchmal bin ich einfach nur sprachlos) oder 2. Den Kontakt wieder abbrechen um mich und meine Familie zu schützen.
Vielen Dank fürs Lesen.
LG, Gruenchen87